Ahlen shreddert zurück: Zwei Stunden Gratis-Datenschutz im XXL-Format
Das Ganze läuft natürlich hochprofessionell ab: geschultes Fachpersonal, das aussieht, als könne es mit einem Blick unterscheiden, ob es sich bei dem Zettel um einen alten Einkaufsbeleg oder die streng geheime Skizze eines Mars-Rovers handelt. Die Unterlagen landen nicht etwa in einem schnöden Papierkorb, sondern in „speziellen Sicherheitsbehältern“. Man munkelt, diese seien so sicher, dass selbst James Bond mit Laserschneider und Dietrich keine Chance hätte – oder zumindest aus Versehen den falschen Behälter erwischen würde.
Doch Vorsicht! Gewerbliche Unterlagen sind strengstens ausgeschlossen. Wer glaubt, er könne mal eben den kompletten Jahresabschluss seines Weltkonzerns in Ahlen „unterjubeln“, täuscht sich. Hier geht es nur um die ehrliche Hausfrau, den treuen Bürger, den braven Ahlener mit seinen Aktenbergen aus Kontoauszügen, längst bezahlten Handyrechnungen und Versicherungsunterlagen, die längst keiner Versicherung mehr etwas sagen. Kurz: Es ist das Bürgerfest für alle, die sich nicht trauen, ihren Altpapiercontainer heimlich nachts mit der Schubkarre vollzustopfen.
Die Vernichtung erfolgt selbstverständlich nach den strengen Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes. Das bedeutet: kein heimliches Kopieren, kein neugieriges Schmökern im Kontoauszug von 2003, als jemand noch „Schlecker“ in der Abbuchungsliste stehen hatte. Stattdessen: ein satter Schredder-Soundtrack, bei dem jede DIN-A4-Seite in Konfetti zerlegt wird – so gründlich, dass selbst die NSA daraus höchstens noch ein Sudoku basteln könnte.
Das Beste daran: Die Abgabe ist kostenlos. In einer Welt, in der man inzwischen für Leitungswasser im Restaurant zahlen darf, wirkt das wie ein revolutionärer Akt. Gratis-Datenschutz! Gratis-Paranoie-Beruhigung! Gratis-Endlagerung für die privaten Papier-Bomben der Vergangenheit!
Man kann sich den Event schon vorstellen: Familienväter, die mit stolzgeschwellter Brust einen Aktenordner nach dem anderen in die Sicherheitsbehälter hieven, während die Kinder daneben klatschen: „Papa hat die Telekom-Rechnung von 1998 endgültig vernichtet!“ Mütter, die heimlich Tagebuchseiten verschwinden lassen, auf denen noch das große Schwärmen für den Bademeister von 1987 steht. Senioren, die einen Stapel Postkarten abgeben, auf denen noch die PIN ihrer Bankkarte fein säuberlich notiert ist.
Kurz gesagt: Am 13. September herrscht in Ahlen Ausnahmezustand der besonderen Art. Statt Altkleider oder Sperrmüll gibt es diesmal das große Reinemachen im Herzen der Bürokratie. Ein Fest des Vergessens, ein Karneval des Konfettis, eine Liebeserklärung an das Recht auf Privatsphäre – verpackt in zwei Stunden Hochleistungsschreddern. Wer danach noch Belege im Schrank findet, ist entweder ein Sammler oder schlicht nicht von dieser Welt.