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Ahlen stellt die Parkuhr der Zukunft: Gebühren, Gefühle und gebührenfreie Gefühle

Wenn in Ahlen der Ausschuss für Ordnung, öffentliche Einrichtungen, Digitalisierung und Anregungen tagt, dann bebt der Ratssaal – zumindest kurzzeitig zwischen 16:01 und 16:25 Uhr. In dieser legendären Sitzung, liebe Bürgerinnen und Gebührenzahler, wurde wieder Geschichte geschrieben. Satirisch gesprochen: Es war die kürzeste Revolution seit der Erfindung des Einheitsparkscheins.

Ahlen stellt die Parkuhr der Zukunft: Gebühren, Gefühle und gebührenfreie Gefühle

Einheitsparkschein – Ein Traum wird wahr (für alle, die gern überall dasselbe zahlen)

Beginnen wir mit Punkt 2 der Tagesordnung, der so unscheinbar klang wie ein Parkautomat bei Minusgraden: die zweite Änderung der Parkgebührenordnung.
Nach einem „positiv beschlossenen Bürgerantrag“ (das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – ein Bürgerantrag, der tatsächlich umgesetzt wurde!) wird nun der legendäre Einheitsparkschein eingeführt. Dieser erlaubt, dass ein gezogener Parkschein auf allen bewirtschafteten Parkplätzen in Ahlen gilt.

Einheitlich! Fair! Fast schon poetisch! Wer also in der Innenstadt startet und auf halbem Weg zum Markt merkt, dass der Wagen näher an der Eisdiele stehen müsste, darf getrost umparken – der Parkschein bleibt gültig. Bürokratisch gesehen: ein Quantensprung. Praktisch gesehen: der Himmel für spontane Parkplatz-Hopper.

Natürlich gab es auch kritische Stimmen. Ein Ausschussmitglied hätte das Thema lieber „abgesetzt“, da die Automaten angeblich störanfällig seien. Aber man war sich einig: Das kommt jetzt zu spät – oder wie man im Verwaltungsdeutsch sagt: „mindestens eine Sitzungsrunde zu spät“.

Die Verwaltung betonte, dass es schon Handyparken gibt – aber offenbar nutzt es niemand. Vielleicht, weil Ahlen einfach zu bodenständig ist, um Parkgebühren mit Pixeln zu bezahlen. Oder weil die App das Parken digital verlängert, aber nicht den Geduldsfaden der Autofahrer.

So oder so: Der Beschluss steht. Ab dem 24. November 2025 tritt das Ganze in Kraft – also rechtzeitig vor Weihnachten, wenn alle gleichzeitig versuchen, in der Innenstadt zu parken.
Die erste halbe Stunde bleibt kostenlos – eine Art kommunales „Early-Bird-Special“. Danach wird’s klassisch: ein Euro für die zweite halbe Stunde, 50 Cent für jede weitere. Tageshöchstsatz: 4 Euro.
Das klingt nicht nach viel, aber multipliziert mit der Zahl der falsch eingelegten Parktickets ist das vermutlich der neue Haushaltsposten „Kreative Stadteinnahmen“.

Wahlplakate, Laternen und die Wissenschaft der Sondernutzung

Doch die Sitzung wäre keine Sitzung, wenn nicht auch über die ganz großen Themen gesprochen worden wäre: die 3. Änderung der Sondernutzungssatzung.
Hier ging’s um alles, was Menschen so an Straßen machen: bauen, feiern, verkaufen, plakatieren, parken oder einfach nur nerven.

Die Verwaltung präsentierte stolz: Man habe sich an der „Mustersatzung des Städte- und Gemeindebunds“ orientiert – was in Verwaltungskreisen ungefähr so klingt wie „nach ISO-Standard zertifiziertes Ordnungsgefühl“.

Die eigentliche Innovation: Wahlplakate bekommen jetzt endlich feste Regeln.
Maximal 30 Großflächen und 520 Laternenstandorte dürfen behängt werden.
Das klingt zunächst nach Ordnung – bis man sich vorstellt, wie 520 Plakate im Stadtgebiet um Aufmerksamkeit buhlen. Dazu noch ein paar Zusatzplätze für Bürgermeister- und Landratskandidaturen – es bleibt also visuell abwechslungsreich.

Ein Ausschussmitglied wünschte sich mehr Ordnung („einige Plakate kleben überall“ – womöglich sogar an den Herzen der Wähler). Die Verwaltung versprach, §12 der Satzung werde den „Gebührenverzicht“ klar regeln, wenn ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ vorliege. Was genau das heißt, bleibt offen – aber es klingt wunderbar dehnbar.

Highlight des Tages war die Diskussion um die Motorradmeile. Eine Herzensangelegenheit! Der Wunsch: gebührenfrei feiern.
Die Antwort: Leider nein – es sei denn, man deklariert das nächste Mal die Biker-Treffen als „demokratische Demonstration für öffentliche Verkehrsmobilität“.
Aber immerhin: Es wurde „eine bessere Lösung für die Zukunft“ versprochen – das Lieblingswort jedes Ausschusses zwischen 2020 und 2030.

Teileinziehung – das kleine Einmaleins des Straßenrechts

Dann kam Punkt 4: Die Teileinziehung der Straße „Im Linnenfeld“.
Klingt trocken, ist aber feinste Verwaltungspoesie.
Die Straße wird teilweise entwidmet – also quasi „kommunal umgewidmet“, was ungefähr so ist, als würde man einem Bürgersteig sagen: „Du bist jetzt mehr so halböffentlich.“
Sobald das Ganze bekannt gemacht wird, folgt die Beschilderung. Wann genau? Niemand weiß es.
Ein Ausschussmitglied merkte nur an, dass der Kommandant der Westfalenkaserne informiert werden müsse – damit er seine Soldaten „korrekt einweisen kann“.
Ein Satz, der so schön deutsch klingt, dass man ihn eigentlich in Bronze gießen sollte.

Sondernutzung, Zuständigkeit und Verabschiedung mit Stil

Unter „Verschiedenes“ stellte sich noch die Frage: Wer ist eigentlich für die Sondernutzungen zuständig?
Antwort: Seit Anfang des Jahres das Ordnungswesen, Gruppe 1.2.
Man stelle sich das bildlich vor: eine verschworene Gruppe von Ordnungshütern, die mit Zollstöcken und Paragrafen bewaffnet das Stadtbild bewacht.

Zum Schluss wurde’s emotional. Der Vorsitzende bedankte sich bei allen Anwesenden – für die gute Zusammenarbeit, das bürgerschaftliche Engagement und, man ahnt es, die 24 Minuten Disziplin.
Und als wäre das nicht genug, bedankte sich die Verwaltung mit einem Präsent für den Vorsitzenden.
Ein Moment, der beweist: Auch in der Lokalpolitik kann es Geschenke geben, ohne dass jemand eine Anfrage nach dem Vergaberecht stellt.

Und wann geht’s weiter?

Der Rat der Stadt Ahlen tagt demnächst – am Donnerstag, dem 7. November 2025, um 17 Uhr im Ratssaal.
Dann wird die große Gebührensymphonie fortgesetzt: vom Einheitsparkschein bis zur Sondernutzung, vom Gebührenverzicht bis zur Wahlplakatkunst.
Man darf also gespannt sein: Wird die Verwaltung das Parkleitsystem-App-Ding irgendwann doch realisieren? Wird die Motorradmeile zum gebührenfreien Freiheitsfestival? Und wird der Linienlöwe aus Leipzigs Rebranding irgendwann nach Ahlen reisen, um Inspiration zu holen?

Eines steht fest:
Ahlen bleibt die Stadt, in der Verwaltung und Bürger einander verstehen – spätestens, wenn beide denselben Parkschein ziehen.