Ahlen zwischen Gebühren, Glanz und Gloria – Wenn der Rat regiert und der Bürger zahlt
Schon der Einstieg klang verheißungsvoll: „Beschlussfähigkeit festgestellt, keine Änderungen zur Tagesordnung.“ Mit diesen Worten begann ein kommunales Feuerwerk, das in etwa so glamourös war wie ein Faltblatt der Müllabfuhr – aber doppelt so wichtig.
Denn der Rat hatte viel vor: Hauptsatzungen, Parkgebühren, Straßenreinigung, Friedhöfe, Kanalanschlüsse – kurz gesagt: das volle Programm der Ahlener Alltagsrealität. Mancher Zuhörer mag gedacht haben, er sei versehentlich in ein Excel-Seminar geraten. Doch nein, das war Politik live!
Die Satzungsschlacht – Wenn Paragrafen tanzen
Erster Punkt: eine 22. Änderung der Hauptsatzung. Wer jetzt denkt: „Das klingt spannend“, hat vermutlich ein Abo beim Amtsblatt.
In Wahrheit ging es um Anregungen, Beschwerden und Ausschüsse – also das demokratische Kleingedruckte, das kaum jemand liest, aber alle betrifft. Besonders charmant: Die Regel, dass Beschwerden nur dann behandelt werden, wenn sie nicht anonym sind, nicht beleidigend klingen und der Beschwerdeführer seit mindestens drei Monaten in Ahlen wohnt. Man könnte sagen: Demokratie ja, aber bitte nur für Einheimische mit Nachweis und korrektem Satzbau.
Nach hitziger Diskussion (also ungefähr drei Sätze lang) wurde beschlossen: Alles bleibt ordentlich geregelt.
Ergebnis: 29 Ja-Stimmen, 1 Nein, 1 Enthaltung – ein kommunaler Thriller in Zahlenform.
Parken in Ahlen – Das neue Glücksspiel
Weiter ging’s mit der 2. Änderung der Parkgebührenordnung.
Endlich das, worauf Autofahrer sehnsüchtig warten: neue Preise! Die gute Nachricht: Die erste halbe Stunde bleibt gratis. Die schlechte: Danach kostet das Parken fast so viel wie ein belegtes Brötchen beim Bäcker. 1 Euro für die zweite halbe Stunde, 50 Cent für jede weitere.
Tageshöchstsatz: 4 Euro – ein Paradies für Mathematiker und ein Desaster für Spontan-Shopper.
Manch einer mag sich gefragt haben, ob die Stadt künftig auch Bonuspunkte vergibt: Zehnmal Parken, einmal Abschleppen gratis? Aber nein, die Ordnung bleibt preußisch klar.
Ab 24. November tritt die Regelung in Kraft – pünktlich zum Weihnachtsgeschäft, denn nichts bringt festliche Stimmung so schnell zum Erliegen wie ein Strafzettel.
Sondernutzungen, Wahlsichtwerbung und Laternenliebe
Dann kam der Teil, der nach Bürokratie-Bestseller klang: „Satzung über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen“.
Neu: Der Paragraph zur Wahlsichtwerbung. Ja, Plakate an Laternenmasten – dieses bunte Sommerphänomen zwischen Wahlrecht und visueller Umweltverschmutzung – bekommt nun feste Regeln.
Maximal 520 Standorte, fair verteilt und mit klaren Größenangaben.
Kurz gesagt: Wer in Ahlen künftig Politik macht, braucht nicht nur Überzeugung, sondern auch ein gutes Verhältnis zum Bauhof.
Nebenbei wurde festgelegt, dass das Aufstellen von Stühlen und Tischen zur Bewirtung jetzt 0 Euro kostet. Ein revolutionärer Moment für die Gastronomie – endlich dürfen Bürger draußen sitzen, ohne dass die Kommune mitzählt.
Der Steuer-Showdown
Dann das finanzielle Herzstück: die Hebesatzsatzung.
Klingt trocken, ist aber der Moment, in dem Städte still die Steuerhähne justieren.
Grundsteuer A: 436 %, Grundsteuer B für Wohnhäuser: 698 %, für Nichtwohnhäuser: stolze 1.318 %. Und wer Gewerbe betreibt, darf sich auf 445 % freuen.
Ein sanftes Lächeln ging durch den Saal – die Zahlen sind so schön rund, dass sie fast dekorativ wirken könnten.
30 Ja-Stimmen, eine Enthaltung – ein klarer Sieg für die kommunale Mathematik.
Müll, Wasser, Straßen & Tod – Das Ahlener Alltagspaket
Ab hier wurde’s praktisch.
Neue Gebührensatzung für Abfall, Straßenreinigung, Entwässerung, Friedhöfe – kurz gesagt: das große Preisschild fürs Leben in Ahlen.
Ein paar Highlights:
- Straßenreinigung pro Meter Grundstücksseite: jetzt 6,07 € (bei Winterdienst).
- Müllentsorgung, Entwässerung und Kleinkläranlagen? Natürlich angepasst – sonst wäre es ja keine Gebührenrunde.
- Und auf dem Friedhof: 10 € für den Katafalk, 571 € für Urnenwahlgräber – selbst der Tod ist in Ahlen kalkuliert, transparent und in Euro pro Kubikmeter erfassbar.
Ehrenrunde mit Glanz und Diamant
Zum krönenden Abschluss dann der emotionale Teil: die Ehrung der Ratsmitglieder.
Urkunden, Medaillen, stehender Applaus – das ganze Programm zwischen Pathos und Rathaus.
Besonders beeindruckend: Eine Ratsfrau wurde für 46 Jahre Ratsarbeit geehrt. Dafür gab’s das „Dynamische A“ mit einem Diamanten von 0,05 Carat – vermutlich der kommunalste Edelstein Westfalens.
Ein leuchtendes Symbol dafür, dass in Ahlen Demokratie nicht nur lange dauert, sondern auch glitzert.
Ein Hoch auf den Paragrafenmut
Nach exakt 29 Beschlüssen, 1.000 Paragrafenverweisen und gefühlten 17.000 Seiten Verwaltungsdeutsch war die Ratssitzung beendet – 17 Uhr, Punktlandung.
Ahlen hat wieder gezeigt: Hier wird Zukunft nicht geträumt, sondern ordentlich beschlossen – mit Stempel, Satzung und Sitzungsprotokoll.
Der Bürger kann sich also sicher fühlen: Wenn irgendwo eine Laterne zu hell, ein Parkplatz zu teuer oder ein Grab zu günstig ist – der Rat hat’s geregelt.