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Bahn frei für Chaos – Kölns Hauptbahnhof wird zum Software-Abenteuerpark

Es ist mal wieder soweit: Deutschland, Land der Dichter, Denker – und Dauerbaustellen. Diesmal trifft es Köln, genauer gesagt: den Hauptbahnhof, das Herzstück rheinischer Pünktlichkeit (also rein theoretisch). Zehn Tage lang sollte dort eigentlich Großes passieren: ein neues elektronisches Stellwerk sollte das digitale Zeitalter auf die Schiene bringen. Doch kurz vor dem Start stellte sich heraus – Trommelwirbel, Überraschung! – die Software funktioniert nicht.

Bahn frei für Chaos – Kölns Hauptbahnhof wird zum Software-Abenteuerpark

Ja, richtig gelesen. Ein Fehler im System hat den gesamten Plan entgleisen lassen, bevor überhaupt ein Zug gefahren ist. Fachleute nennen es „Softwarefehler“, der Rest der Bevölkerung nennt es: „Bahn-Alltag.“

Ein Bahnsprecher erklärte, der Fehler sei bei einer Überprüfung festgestellt worden. Die Übersetzung aus dem Bahnamtlichen lautet: „Wir haben’s versucht, aber das Ding hat geblinkt und gepiept, also lieber Finger weg.“ Man könne wichtige Tests nicht durchführen und wisse daher nicht, ob das neue System überhaupt sicher sei. Kurz gesagt: Das Stellwerk könnte funktionieren – oder eben auch nicht. Und da im Bahnverkehr ein „vielleicht“ traditionell ungern gesehen ist, bleibt’s vorerst bei der alten Technik aus dem letzten Jahrhundert.

Aber Moment – das Beste kommt erst noch!
Weil man das neue Stellwerk später doch noch in Betrieb nehmen will, braucht es eine zweite Sperrung des Hauptbahnhofs. Das heißt: Köln darf sich gleich doppelt freuen – erst zehn Tage Ausnahmezustand, dann irgendwann wieder. Es ist wie Zahnarztbesuch in zwei Etappen: einmal bohren, dann nochmal zum Nachschleifen.

Trotz allem hält die Bahn an der geplanten Sperrung fest. Schließlich sind die Gleise schon ausgehoben, die Oberleitungen halb ab, und irgendwer hat bestimmt schon die Bauarbeiterwürstchen aufgetaut. Also: Weiter so! Die Arbeiten werden nun „für wichtige andere Tätigkeiten genutzt“ – ein Satz, der klingt wie „Wir wissen auch nicht genau was, aber irgendwas machen wir schon.“
Geplant sind Arbeiten an Weichen, Oberleitungen und wahrscheinlich auch an der kollektiven Geduld der Bahnreisenden.

Vom 15. bis 24. November gilt also: Köln Hauptbahnhof, betreten verboten. Fern- und Regionalzüge werden großräumig umgeleitet – sprich: durch Gegenden, die sonst nur Landkartenexperten kennen. Pendler dürfen sich auf kreative Ausweichrouten freuen: „Köln über Koblenz, Dortmund, Sylt“ – alles ist möglich, solange man den Humor behält.

Der wirtschaftliche Schaden? Schwer zu beziffern. Der emotionale? Unermesslich. Hunderttausende Reisende sollen betroffen sein. Dabei dürfte der Satz „Ihre Verbindung fällt heute leider aus“ bald so häufig zu hören sein wie das berühmte „Willkommen in Köln“.

Und die Bahn? Die bleibt natürlich gelassen. Schließlich hat sie Erfahrung im Bereich Pannenmanagement. In den Vorstandsetagen dürfte die Devise lauten: „Was nicht fährt, kann auch nicht zu spät kommen.“

Das Ganze ist natürlich nicht nur ein logistisches Desaster, sondern auch ein symbolischer Akt. Köln wird damit zum Denkmal deutscher Digitalisierungsprobleme. Während andere Länder fahrerlose Züge im Takt der Atomuhr durch Tunnel jagen, schafft es Deutschland nicht, ein Stellwerk so zu programmieren, dass es nicht in Panik gerät, sobald jemand „Start“ drückt.

Aber fairerweise muss man sagen: Die Bahn bleibt ihrer Linie treu. Wer Fortschritt will, bekommt erstmal Stillstand. Wer Innovation fordert, bekommt „bitte Schienenersatzverkehr“.

Das Schöne daran: Nach zehn Tagen Stille kehrt das gewohnte Chaos zurück – laut, verspätet, komfortabel vertraut. Dann werden wieder Durchsagen wie „Wegen einer technischen Störung verzögert sich die Weiterfahrt um unbestimmte Zeit“ durch die Hallen hallen, und alles ist wie früher.

Und wenn die zweite Sperrung kommt – ja, dann hat man wenigstens Übung. Vielleicht bringt man ja bis dahin ein Software-Update raus. Version 2.0: „Jetzt mit weniger Absturz!“