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Chaos-Express Dortmund: Wenn ein Regionalzug kurz die Nerven verliert – und alle gleich mit

Es war der Abend, an dem der Signal Iduna Park feierlich bewies, dass Fußballfans im Winter nicht nur singen, sondern auch frieren, schunkeln und ihr Handylicht wie ein Leuchtturm für verlorene Stadionseelen schwenken können. Kurz nach diesem Spektakel strömten Tausende in Regionalbahnen, die vermutlich schon beim Einfahren dachten: „Bitte nicht schon wieder. Ich bin ein Zug, kein Presswerk.”

Chaos-Express Dortmund

Eine dieser überfüllten Waggon-Wundertüten nahm nach der Abfahrt vom Stadion genau zehn Minuten lang am normalen Bahnleben teil – dann entschied sie sich gegen 19:50 Uhr, spontan Urlaub zu machen. Technischer Defekt. Der natürliche Feind des Fern- wie Nahverkehrs. Und wie immer kam er nicht allein, sondern brachte sein Lieblingsgeschenk mit: Chaos.

In dem ohnehin rappelvollen Vehikel brach daraufhin etwas aus, das in Bahnkreisen wahrscheinlich als „erweiterte Form der Unruhe“ beschrieben würde. Für normale Menschen heißt das schlicht: Panik. Einige Fahrgäste öffneten die Türen des stehenden Zuges und stiegen aus – nicht aus Abenteuerlust, sondern aus der instinktiven Überzeugung, dass jeder Ort außerhalb dieses Stahlkastens besser sei als darin zu bleiben. Selbst das Gleisbett wirkte plötzlich gemütlich. Romantisch fast.

Damit begann der große Abend der Notrufzentrale. Es klingelte offenbar durchgängig. Vielleicht hat sie sogar kurz überlegt, auf Mailbox umzuschalten. Aber nein: Feuerwehr und Rettungsdienst rückten an, sperrten das Gleisbett ab und sorgten dafür, dass niemand plötzlich entschied, die restliche Strecke nach Soest einfach als sportliches Abendprogramm zu laufen.

Die Einsatzkräfte, die vermutlich gerade gemütlich einen Adventsplätzchen-Keks essen wollten, fanden sich stattdessen vor einem Zug wieder, der aussah wie die Kreuzung aus Survival-Training, Escape-Room und Weihnachtsmarkt-Besuch. Sie beruhigten Menschen, führten sie sicher vom Gleis, halfen beim Evakuieren – und dachten vermutlich im Stillen alle dasselbe: „Warum immer wir?”

Eine Person wurde leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht, vermutlich weniger durch den Defekt, sondern eher durch die Mischung aus Stress, Enge und der ganz speziellen Atmosphäre, die entsteht, wenn sich zu viele Menschen in einem zu kleinen Raum gegenseitig erklären, was jetzt alles schief läuft.

Ein allein reisendes elfjähriges Kind wurde vorübergehend von der Polizei betreut – vermutlich das gelassenste Wesen in der gesamten Szenerie. Kinder sind so: Erwachsene schreien, die Bahn streikt, draußen ist es eiskalt – und ein Kind denkt: „Cooler als Matheunterricht ist das allemal.“

Nach einer gefühlten Ewigkeit, mehreren hundert erklärenden Handbewegungen der Feuerwehr und der Erleichterung, dass niemand versucht hatte, den Zug eigenhändig zu reparieren, war die Lage wieder unter Kontrolle. Und dann, ganz unspektakulär, fast schon beleidigend normal, setzte der Regionalzug seine Fahrt in Richtung Soest fort – so, als wäre nichts gewesen.

Vielleicht hat er unterwegs sogar leise gestöhnt, wie ein erschöpfter Marathonläufer, der nach einer Pause weiterlaufen muss. Vielleicht hat er sich gedacht: „Ich wollte doch nur einen ruhigen Sonntagabend.“ Aber das ist im Bahnverkehr ungefähr so realistisch wie ein pünktlicher Zug an einem Schneetag.

Und so endet diese Geschichte wie viele Bahnkapitel zuvor:
Chaos → Panik → Blaulicht → Weiterfahrt.
Eine Art festliches Ritual, das in Dortmund nun offiziell zur Adventszeit gehört.