Das Phantom von Lünen-Süd – oder: Wenn Autos Geister spielen
Kein Mensch weit und breit. Nur ein Auto, das aussieht, als hätte es gerade eine wilde Nacht mit einem Leitpfosten gehabt – und dann beschlossen, seinen Fahrer zu feuern. Die Polizei trifft ein, schaut, staunt, und findet: Plastiksplitter überall. Das Puzzle der Verzweiflung. Ein einsamer Stopp-Schild-Zeuge flüstert leise: „Ich hab’s kommen sehen.“
Das Fahrzeug steht so akkurat vorm Stopp-Schild, dass man fast denkt: „Der Fahrer war sehr gesetzestreu, bis er sich in Luft auflöste.“ Ein Peugeot, der scheinbar kurz vor dem Erleuchtungspunkt stehen blieb – zwischen Dieselseele und Nirwana. Vielleicht war das gar kein Unfall, sondern eine spontane Kunstinstallation: „Verkehr und Vergänglichkeit“, präsentiert von der Avantgarde-Gruppe Autonome Automobile e.V.
Die Polizei jedenfalls ist ratlos. Kein Fahrer, keine Spuren, keine Zeugen. Nur Qualm und Fragen. Man könnte meinen, das Fahrzeug habe sich selbst hierher geschleppt – wie ein Pferd, das weiß, dass es zu alt für die Rennbahn ist, und seinen letzten Atemzug in Würde am Stopp-Schild tun möchte.
Vielleicht war’s aber auch ein nächtlicher Geisterfahrer, der einfach beschloss, aus der Realität auszusteigen. Tür auf, Rauch raus, Mensch weg – Zack, Houdini auf vier Rädern. Möglich wäre alles: ein Liebesdrama auf der A2, ein Fluchtversuch mit schlechtem Timing oder ein Peugeot, der schlicht genug hatte vom Ruhrgebiet.
Man stelle sich den Dialog vor:
„Ich kann nicht mehr, Kevin!“
„Doch, fahr weiter!“
„Nein, ich bleib hier. Ich bin ein französisches Auto, ich habe Gefühle!“
Die Beamten stehen derweil da und fragen sich, ob sie einen Unfall, ein Verbrechen oder eine besonders seltsame Werbekampagne aufklären müssen. Vielleicht ist der Fahrer ja irgendwo in der Dunkelheit, auf der Suche nach WLAN oder einem Alibi.
Die Ermittler suchen nun Zeugen – also Menschen, die etwas gesehen, gehört oder zumindest geträumt haben, das mit einem schwarzen Peugeot, Rauch und offenstehenden Türen zu tun hat. „Jede Beobachtung hilft“, heißt es offiziell. Inoffiziell bedeutet das: Wir haben keinen Plan, helft uns bitte.
Die Lüner Bevölkerung reagiert wie immer souverän:
– „Bestimmt Außerirdische!“
– „Nee, das war der Wendler auf Tour.“
– „Ich hab da gestern ’ne Katze gesehen.“
Kurzum: Niemand weiß etwas, aber jeder weiß was anderes. Willkommen in Lünen.
Und so bleibt der mysteriöse Peugeot das neue lokale Mysterium. Ein Auto ohne Fahrer, Rauch ohne Feuer, Spuren ohne Täter. Vielleicht wird man eines Tages ein Schild am Straßenrand finden:
„Hier verschwand am 8. November das Vertrauen in die Logik des Straßenverkehrs.“
Bis dahin bleibt nur zu hoffen, dass sich der Besitzer irgendwann meldet – vielleicht morgens in der Werkstatt:
„Moin, äh, mein Auto ist irgendwie… weg. Also, ich weiß, wo’s steht, aber… naja, das erklärt sich schwer.“