Demokratie im Festsaal – Münster bereitet sich auf die große Ratspremiere des Jahres vor
Die erste Sitzung der neuen Ratsperiode klingt zunächst nach trockenem Verwaltungskrimi – doch in Wahrheit ist es ein demokratisches Schauspiel erster Güte: von der Bestellung des Schriftführers bis zum Bürgerbegehren um historische Straßennamen. Ein echtes Münsteraner Ensemble mit allen Zutaten: Drama, Tradition, Paragraphenpoesie und ein Hauch von Gremien-Glamour.
Akt I: Der Rat betritt die Bühne
Los geht’s mit der Kür des Schriftführers – der stillen Macht im Hintergrund. Danach folgt das große Gelöbnis-Festival: Bürgermeister, Ratsmitglieder und ihre Stellvertretungen werden offiziell eingeführt. Es ist wie eine feierliche Inauguration, nur mit mehr Sitzungsordnung und weniger Feuerwerk.
Ein Höhepunkt gleich zu Beginn: die Bildung der Ausschüsse. Münster verteilt seine politischen Arbeitsplätze wie Rollen in einem epischen Ensemblefilm: Hauptausschuss, Sportausschuss, Klima, Kultur, Kinder, Kitas – alles dabei. Sogar ein neuer Ausschuss für Chancengerechtigkeit und Integration wird gegründet – quasi der Beirat für das bessere Miteinander im modernen Münster. Hier soll künftig nicht nur über Integration gesprochen, sondern über Chancen gestritten werden. Mit fairer Besetzung und Paragrafenromantik aus §27 GO NRW.
Akt II: Ausschüsse, Aufsichtsräte und andere Heldengeschichten
Weiter geht’s mit den großen Personalfragen: Wer darf in den Aufsichtsrat des Flughafens Münster/Osnabrück? Wer vertritt Münster im deutsch-niederländischen Zweckverband EUREGIO? Und wer darf in der Verbandsversammlung Mobilität Münsterland mitreden, wenn es um Bus, Bahn und Bürgerwünsche geht?
Es ist ein bisschen wie bei einem Klassentreffen der Kommunalpolitik – alle wollen rein, keiner will den letzten Platz neben dem Beamer. Natürlich gilt auch hier die kommunale Höflichkeit: Parität, Gleichstellung, mathematische Proportion nach Hare/Niemeyer – klingt kompliziert, ist aber im Grunde nur Excel mit Demokratiebezug.
Akt III: Jugend, Zukunft, Ausschusskultur
Ein weiteres Kapitel: Das Jugendamt bekommt ein Update. Die Satzung wird modernisiert, neue Mitglieder werden in den Ausschuss für Kinder, Jugendliche und Familien berufen. Münster setzt damit ein Zeichen für Mitbestimmung – von Jugendrat bis Jugendring, alle bekommen einen Platz am Tisch.
Auch selbstorganisierte Jugendgruppen sollen künftig mitreden. Schließlich weiß niemand besser, wie man kommunale Bürokratie jugendgerecht gestaltet, als jene, die gerade zum ersten Mal ein Formular ausfüllen mussten.
Akt IV: Bürgerbegehren, Gummibärchen und Straßenschilder
Dann kommt der spannendste Punkt des Abends: das Bürgerbegehren „Erhaltet historische Straßennamen“. Es geht um die Admiral-Speer-, Skagerrak- und Tannenbergstraße – klingende Namen aus der guten alten Zeit, als man noch dachte, Pathos sei ein Stadtviertel. Über 8.000 Unterschriften wurden gesammelt, um diese Straßen zu retten – oder zu konservieren, je nach Sichtweise.
Der Rat darf prüfen, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Spoiler: Ja, ist es. Man darf also weiter darüber diskutieren, ob Geschichte auf Schildern stehen oder in Museen hängen sollte. Münster zeigt damit einmal mehr, dass Demokratie auch bedeutet, über Schilder zu streiten, bis die Tinte auf dem Bürgerbegehren trocknet.
Akt V: Schule, Licht und Barrierefreiheit
Auch praktische Themen kommen nicht zu kurz. So fordert die Bezirksvertretung Münster-Ost, den Neubau der Matthias-Claudius-Schule in Handorf zu beschleunigen – offenbar, bevor die Containerlösung teurer wird als der Neubau selbst. Gleichzeitig wird über mehr Barrierefreiheit an Schulen beraten. Die Idee: kein Kind soll wegen einer Treppenstufe das Lernen aufgeben müssen.
Und weil Münster nachts bekanntermaßen dunkel, aber fahrradfreundlich ist, steht auch die Beleuchtung der Kanalpromenade auf dem Programm. Die adaptive Beleuchtung – also Lampen mit Hirn – soll künftig wieder die Nacht erhellen, ohne die Fledermäuse zu verärgern. Ein Balanceakt zwischen Artenschutz und Radlerrettung.
Akt VI: Demokratie mit Stil
Nach all dem bleibt natürlich noch Zeit für Klassiker: Wahlprüfungsausschuss, Gutachterausschuss, Mitteilungen, Eingänge, Verschiedenes. Es ist der administrative Abspann eines langen demokratischen Blockbusters.
Doch wer glaubt, das sei langweilig, irrt gewaltig. Münster zeigt, dass Kommunalpolitik kein dröger Verwaltungstanz ist, sondern eine Kunstform: ein feingetaktetes Zusammenspiel aus Pflicht, Poesie und Paragraphen.Münster macht’s möglich
Heute heißt es also: Bühne frei für die Ratsdemokratie! Zwischen Aktenordnern, Anträgen und Anregungen wird hier entschieden, wie Münster künftig tickt – mit Herz, Humor und einer erstaunlichen Liebe zu formvollendeten Sitzungsordnungen.
Und wenn es mal wieder kompliziert wird, erinnert man sich: Kommunalpolitik ist wie Münsteraner Wetter – nie perfekt, aber immer lebendig.