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Der 18-Euro-Glühwein: Münchens heißeste Luxus-Insolvenz im Bierkrug

Es ist wieder so weit: Der Totensonntag ist vorbei, und ganz Deutschland schaltet in den Modus „Weihnachtsmarkt – Level: Eskalation“. Kaum dröhnen die ersten blechernen Lautsprecher „Last Christmas“ in Dauerschleife in unsere geschundenen Gehörgänge, strömen die Menschen massenhaft auf die Märkte, als würden sie dort die Lösung aller Lebensprobleme in flüssiger, heißer Form finden.

Der 18-Euro-Glühwein: Münchens heißeste Luxus-Insolvenz im Bierkrug

Und tatsächlich: Diese Lösung gibt es. Sie ist rot. Oder weiß. Oder Champagnerfarben. Und in München kostet sie jetzt ungefähr so viel wie ein Kleinwagen auf Raten.

Denn das Luxushotel direkt am Hauptbahnhof hat sich gedacht: Warum nur die Mieten unbezahlbar machen, wenn man auch beim Glühwein für geschockte Gesichter sorgen kann? Herausgekommen ist Deutschlands teuerste Tasse Glühwein – ein stolzes 18-Euro-Goldstück. Nicht etwa für eine Karaffe, nicht für eine Flasche, nicht für eine Yoga-Session mit dem Christkind persönlich. Nein. Für eine Tasse. Eine. Einzige. Tasse.

Aber natürlich nicht irgendeine Tasse, nein! Dieser edle Tropfen wird – wie es sich für Bayern gehört – nicht im zierlichen Weihnachtsmarkt-Porzellan gereicht, sondern ganz folgerichtig im Bierkrug. Denn wenn schon dekadent, dann bitte mit landestypischem Understatement.

Der Luxusglühwein selbst besteht nach Angaben einer Sprecherin aus einer waghalsigen Mischung aus:

  • zwei Dritteln weißem Glühwein,
  • einer satten Portion Perrier-Jouët-Champagner,
  • und geheimen Zutaten, die eine „frische Zitrusnote“ ergeben – vermutlich das teuerste Zitronenaroma südlich der Alpen.

Dazu eine Prise Prestige, eine Messerspitze Übermut und ein Hauch „wir machen das, weil wir’s können“.

Die Sprecherin bezeichnet den Preis übrigens allen Ernstes als „Schnapper“. Ein Begriff, den man bisher nur in Verbindung mit Black-Friday-Flachbildfernsehern oder Bierzelt-Brezeln kannte. Aber nun also auch im exklusiven Segment der Premium-Heißgetränke. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis der erste Münchner Investor mit Stirnrunzeln fragt: „18 Euro? Nur? Wieso so günstig?“

Die geheime Zutat dürfte daher auch ein kleiner Spritzer Realitätsverlust sein – oder nennen wir es zeitgemäß: „ambitionierte Preisgestaltung“.

Natürlich darf man diesen Christkindlmarkt auch besuchen, ohne Gästezimmer im Haus zu buchen. Das ist schon mal nett. Vorausgesetzt natürlich, die Haushaltslage lässt es zu. Denn wer hier zwei Glühwein trinkt, hat mal eben das Budget eines durchschnittlichen Adventskalenders verfeuert – inklusive Türchen 24 mit goldumwickelter Schokolade.

Währenddessen fragt sich der Rest Deutschlands, wie lange es dauert, bis diese Preisentwicklung in die Fläche schwappt. Werden demnächst auch einfache Märkte nachziehen? Vielleicht ein:

  • „Glühwein Deluxe – 9,90 Euro – mit einem Hauch Leitungswasser aus den Alpen“
    oder
  • „Bronze-Edition – 12,50 Euro – inkl. mildem Blick des Verkäufers“
    oder gleich
  • „Premium-Glühwein Pro Max Ultra – 29,99 Euro – mit integrierter Spotify-Playlist und selbstaufladender Tasse“.

Aber gut, München ist ja traditionell der Ort, an dem man sich gerne mal ein bisschen mehr gönnt. Mehr Mieten. Mehr Preise. Mehr Staunen. Mehr Kopfschmerzen. Warum also nicht auch mehr Glühwein pro Quadratmillimeter Geldbeutel?

Eines ist jedenfalls sicher: Wenn es irgendwo einen Glühwein für den Preis einer halben Monatskarte gibt, dann ist Weihnachten nicht mehr weit. Und der monetäre Eiszapfen, der dabei durchs Herz gleitet, wird durch eines wettgemacht: den Champagner-Schluck, der uns kurz denken lässt: „Ja gut… vielleicht schmeckt man die 18 Euro ja wirklich.“

Die gute Nachricht für alle anderen: Auf den meisten Weihnachtsmärkten kostet der Glühwein weiterhin zwischen 4 und 6 Euro pro Tasse. Das ist zwar auch kein Schnapper mehr, aber zumindest muss man dafür keine Hypothek aufnehmen.

Und wer wirklich sparen will, der macht es wie früher: Eine Thermoskanne, zwei Freunde, ein Park. Kostet weniger – knallt aber genauso gut.