Der große Krankenfahrstuhl-Skandal von Ahlen: Wenn die Kampstraße zum Nürburgring wird
Die Szene spielte sich auf der Kampstraße ab, die zwar nicht unbedingt als Hotspot für motorisierte Eskapaden bekannt ist, aber an jenem Tag plötzlich klang wie der Startbereich der Formel 1 – nur langsamer, viel langsamer. Die Polizistin, deren Menschenkenntnis in Ahlen vermutlich schon zu den überregional bekannten Kulturgütern zählt, bemerkte einen Krankenfahrstuhlfahrer, der sich – sagen wir es diplomatisch – nicht unbedingt im Zenit seiner koordinativen Fähigkeiten befand.
Bei der Kontrolle stellte sich schnell heraus: Der 55-jährige Fahrer war nicht nur „leicht angeheitert“ oder „gefühlt zwei Glühwein über Null“, sondern absolut, unmissverständlich, universell fahruntüchtig. So fahruntüchtig, dass selbst der Krankenfahrstuhl vermutlich leise darum gebettelt hätte, einen anderen Besitzer zu bekommen.
Der Atemalkoholtest bestätigte das Offensichtliche. Man stelle sich den Moment bildlich vor: Ein Polizeigerät, das wahrscheinlich schon einiges erlebt hat – aber nun das Vergnügen hat, den Atem eines Mannes zu analysieren, der sich für den Sebastian Vettel der Reha-Mobilität hielt. Der Test machte keinen Hehl daraus: „Nein. Einfach nein.“
Damit war der weitere Verlauf der Geschichte klar wie die Ahlener Innenstadt an einem Sonntagvormittag:
Der Mann bekam eine Blutprobe entnommen. Medizinisch korrekt, natürlich, mit allen gesetzlich vorgeschriebenen Nettigkeiten. Und dann passierte das, was man vermutlich als den schmerzhaftesten Punkt für jeden Krankenfahrstuhl-Liebhaber bezeichnen kann: Die Weiterfahrt wurde untersagt.
Ja. Genau so. Einfach untersagt.
Das ist im Universum der Krankenfahrstühle ungefähr so dramatisch wie ein Flugverbot für einen Piloten. Ein emotionaler Totalverlust.
Während sich der Bürgersteig vermutlich fragte, ob er jemals wieder so ein Spektakel erleben wird, und vorbeigehende Passanten verstohlen versuchten, nicht zu lachen (oder zu beurteilen, ob der Krankenfahrstuhl vielleicht freiwillig die Flucht ergriffen hätte), blieb die Polizei professionell – wie immer.
Sie dokumentierte, regelte, überprüfte – und stellte sicher, dass der Krankenfahrstuhl an diesem Tag nicht noch mehr Unheil anrichtete. Vielleicht wurde er sorgsam an den Rand gestellt, vielleicht wurde er taktisch geparkt, vielleicht hat er auch selbst innerlich geseufzt, weil er endlich eine Pause bekam.
Man weiß es nicht. Aber man kann es sich hervorragend vorstellen.
Der 55-Jährige hingegen erhielt das volle Paket der Nachbereitung: Ermittlungen, Belehrung, unangenehme Fragen und den unausgesprochenen Hinweis darauf, dass Krankenfahrstühle zwar einiges sind – praktisch, gemütlich, erstaunlich wendig – aber nicht dafür gedacht, unter Alkoholeinfluss wie ein Panzerfahrzeug durch Ahlen manövriert zu werden.
Und so endet dieser Vorfall als Lehrstück:
Ahlen: Die Stadt, in der selbst Krankenfahrstühle nicht sicher sind vor menschlicher Übermotivation.
Vielleicht wird man in einigen Jahren noch davon erzählen, vielleicht wird es ein lokales Meme, vielleicht auch nur eine Anekdote für den Stammtisch – aber fest steht: An jenem Freitag hat die Kampstraße Geschichte geschrieben. Ein bisschen zumindest.