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Der nächtliche Kabel-Flaneur von Hamm: Wenn Spaziergänge überraschend elektrisch werden

Es gibt in deutschen Innenstädten so ziemlich alles: Leute mit Hunden, Leute mit Nordic-Walking-Stöcken, Leute mit Kinderwagen, die größer sind als Kleinwagen – ja, sogar Menschen, die mitten in der Nacht einfach nur frische Luft schnappen wollen.

Aber in Hamm hat man jetzt eine neue Kategorie entdeckt: Den Elektriker auf Wanderschaft.

Der nächtliche Kabel-Flaneur von Hamm

Am frühen Sonntagmorgen, genau 1:20 Uhr, also zu einer Zeit, in der selbst Fledermäuse leise fragen, ob das nicht etwas spät sei, bemerkten zivile Einsatzkräfte der Polizei Hamm einen Mann, der offenbar eine ganz eigene Philosophie des nächtlichen Spaziergangs pflegte. Denn statt Hundeleine, Coffee-to-go oder Stirnlampe trug der Mann – Jahrgang „Lebensmitte“ – Starkstromkabel durch die Gegend. In der Hand. Mitten in der Nacht. Seelenruhig. Als wäre er gerade auf dem Weg, ein Umspannwerk spazieren zu führen.

Der Hinweis kam per Notruf. Und man muss den anonymen Anrufer*innen danken: Nicht jeder erkennt schließlich sofort, dass jemand mit dicken Starkstromkabeln auf der Albertstraße möglicherweise nicht einfach nur ein Hobby hat, sondern vielleicht etwas mehr als nur Vitamin D braucht.

Die Polizisten stoppten den 42-Jährigen und fragten ganz höflich (und innerlich vermutlich sehr verwirrt), warum er mitten in Hamm mit halber Energiewende im Rucksack unterwegs sei. Seine Antwort war ein Meisterwerk spontaner Kreativität:

Er habe die Kabel „nur für einen Spaziergang“ mitgenommen.

Natürlich.
Klar.
Wie man das eben so macht. Manche Leute gehen Gassi, andere lassen den Kopf frei werden – und wieder andere führen Starkstromkabel aus, damit sie sich nicht so eingesperrt fühlen.

Der Mann fügte hinzu, die Kabel stammten aus seiner Wohnung. Das kann problemlos stimmen – schließlich sammelt man privat ja so einiges an: Bücher, Kaffeetassen, ungeöffnete Briefe… und Kistenweise Elektrokabel in allen Lebenslagen. Manche Menschen stricken, andere isolieren ab. Jeder hat sein Hobby.

Doch die Polizei wäre nicht die Polizei, wenn sie nicht wüsste:
Wer nachts Starkstromkabel spazieren führt, hat möglicherweise noch mehr Überraschungen parat.

Also durchsuchten sie ihn – und siehe da: Ein Cuttermesser mit Hakenklinge war ebenfalls dabei. Das ist jetzt kein eindeutiger Beweis, aber zwischen Spazierstock und Picknickdecke gehört so ein Messer normalerweise eher nicht.

Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft entschied man sich daher, auch einmal in der Wohnung des Mannes vorbeizuschauen.
Was sie dort fanden, könnte man als „Material für eine kleine bis mittelgroße private Elektrofachmesse“ beschreiben: Kisten und Koffer voller Kabel, teilweise abisoliert, teilweise komplett, teilweise wahrscheinlich enttäuscht, dass sie nicht auch zum Spaziergang durften.

Ob der Mann eine geheime Leidenschaft für Kabelkunst besitzt, ein unregistriertes Strommuseum betreibt oder schlichtweg eine sehr… unorthodoxe Vorstellung von Abendgestaltung hat – das bleibt offen.

Die Polizei jedenfalls ließ keine Zweifel:
Der Mann wurde festgenommen, ins Gewahrsam gebracht, und die Kabel sowie alle Werkzeuge wurden beschlagnahmt.
Das spontane Nachtprojekt „Kabelromantik auf der Albertstraße“ ist damit vorerst beendet.

Doch was bleibt, ist ein neues urbanes Rätsel für Hamm:

  • Wollte er die Energiewende persönlich beschleunigen?
  • Wollte er ein mobiles Kunstprojekt starten?
  • Oder ist er einfach der Kabel-Flaneur, den wir nie gesucht, aber jetzt eindeutig gefunden haben?

Egal wie:
Die Stadt Hamm wird diese Szene so schnell nicht vergessen.
Denn es gibt Spaziergänge – und es gibt Starkstromspaziergänge. Und letzterer hat definitiv das Zeug zum Klassiker.