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Der verschwundene Schädel: Wenn Kölns Uni plötzlich Knochen-Bingo spielt

An Universitäten verschwinden ja regelmäßig Dinge: Kugelschreiber, Laborkittel, die letzten Reste studentischer Motivation – aber dass eines Tages ein menschlicher Schädel aus einem abgeschlossenen Präparationslabor verschwindet, setzt dem Chaos der akademischen Welt doch eine etwas… nun ja… knochige Krone auf.

Der verschwundene Schädel

An der ehrwürdigen Uni Köln wurde genau das nun Realität: Ein Schädel, der ursprünglich aus Australien stammt und zu einer indigenen Person gehört, wurde entwendet – und, man glaubt es kaum, offenbar durch ein anderes Objekt ersetzt. Man könnte fast meinen, jemand habe sich gedacht: „Ach, merkt doch keiner. Knochen wie Knochen.“ Die akademische Kunst des Improvisierens ist schließlich legendär.

Das Ganze wäre fast unbemerkt geblieben, hätte nicht eine bevorstehende feierliche Rückgabezeremonie den Zeremonienmeister in leichte Schnappatmung versetzt. Denn während zwei andere Schädel pünktlich und korrekt auf dem Rückgabe-Tisch lagen wie VIP-Gäste, fehlte der dritte. Stattdessen grinste dort ein Objekt, von dem die Universität hofft, dass es nicht irgendwo aus der Deko-Abteilung eines Karnevalsladens stammt.

Die Szenen im Vorfeld kann man sich lebhaft vorstellen:
„Sag mal, ist der hier echt?“ –
„Keine Ahnung, aber wenn wir ihn ein bisschen abpusten, sieht er wertvoll aus.“ –
„Okay, stell ihn hin, das Licht ist gedämpft, das merkt keiner.“

Die Universität sah das naturgemäß anders und erstattete Anzeige. Ganz offiziell. Mit Formularen, Stempeln, Uhrzeitangaben, wahrscheinlich sogar in dreifacher Ausfertigung und mit einer im Flur aufgehängten Dienstanweisung. Schließlich war der Schädel nicht irgendein Objekt aus der Vitrine, sondern ein wichtiger Bestandteil eines laufenden Provenienzforschungsprojekts, das seit 2021 versucht, menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten in ihre Herkunftsregionen zurückzubringen. Eine Aufgabe, die historisch bedeutsam, moralisch wichtig und organisatorisch ungefähr so anspruchsvoll ist wie der Versuch, die Steuererklärung zu verstehen.

Und dann – zack – fehlt das Herzstück des Tagesprogramms. Man könnte sagen: Die Uni hat eine Art „Rückgabe-Event“, aber kein vollständiges Rückgabe-Inventar. Während zwei Schädel also planmäßig ihren Flug in Richtung Heimat antreten durften, steht der dritte nun offenbar auf einer Art Akademiker-Wunschliste: „Vermisst – bitte melden. Finderlohn in Form von Anerkennung und einem warmen, aber streng protocollierten Dank.“

Die Frage, die niemand laut ausspricht, aber alle denken: Wer stiehlt einen Schädel aus einem Labor?
Ein Medizinhistoriker mit Sammelleidenschaft?
Ein sehr verwirrter Halloween-Fan?
Ein ultra-ambitionierter Hobby-Archäologe?
Oder jemand, der den Schädel für – man weiß ja nicht – spirituell, dekorativ oder wissenschaftlich „anders einsetzbar“ hielt?

Man möchte fast hoffen, dass der Dieb nicht dachte, er könne das Ding auf eBay verkaufen. Mit Beschreibung wie: „Selten! Authentisch! Nur einmal benutzt!“ Aber gut, die Welt ist verrückt genug, dass man für nichts mehr die Hand ins Feuer legen möchte.

Die Universität betont jedenfalls, wie wichtig ihr der respektvolle Umgang mit menschlichen Überresten ist. Und das ist absolut ernst gemeint. Noch ernster ist nur die Gesichtsmuskulatur des diensthabenden Mitarbeiters, der erklären musste, warum in einem abgeschlossenen Raum plötzlich ein Überraschungsgast aus dem Reich der schädel-ersetzenden Dinge lag.

Während die Polizei ermittelt, hofft das Projektteam, dass sich der Schädel an einem Ort befindet, der – im Idealfall – kein WG-Wohnzimmerschrank ist. Denn eigentlich sollte er längst auf dem Weg zurück nach Australien sein, um der Geschichte, der Herkunft und dem Respekt, den er verdient, wieder näherzukommen.

Bis dahin bleibt ein bittersüßer Mix aus historischem Ernst, bürokratischem Aktionismus und der leicht verzweifelten Frage: „Wie stiehlt man in Köln eigentlich unauffällig einen Schädel?“
Die Antwort darauf bleibt die Universität schuldig. Aber vielleicht liefert die nächste Pressemitteilung mehr als nur ein heiteres, leicht entsetztes Kopfschütteln.