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Detmold.exe funktioniert nicht mehr: Die Stadtwerke im IT-Shutdown des Jahrhunderts

Es gibt IT-Pannen – und es gibt Detmold 2025.

Während viele Unternehmen längst im Zeitalter von Cloud-Infrastrukturen, Zero-Trust-Architekturen und hybriden Sicherheitskonzepten angekommen sind, scheinen die Stadtwerke Detmold beschlossen zu haben, noch einmal ganz bewusst eine technologische Bildungsreise durch die digitale Vergangenheit anzubieten.

Detmold.exe funktioniert nicht mehr

Seit Montag herrscht bei den Stadtwerken:
Stille. Absolute Funkstille.
Kein Telefon, kein E-Mail, keine Webseite – eine Art analoger Sabbat für ein Unternehmen, das eigentlich dafür zuständig ist, dass Strom, Wasser und Fernwärme nicht auf Sabbat schalten.

Auf der Homepage steht ein freundliches Banner, das so harmlos formuliert ist, als ginge es um einen defekten Toaster:
„Aufgrund eines großflächigen IT-Ausfalls sind die Stadtwerke Detmold derzeit nicht erreichbar.“
Eine Information, die ungefähr so detailliert ist wie die Aussage:
„Irgendwas ist passiert. Aber wir sagen nicht was.“

Was genau vorgefallen ist? Wie schlimm es wirklich ist? Ob Daten gestohlen wurden? Keine Angaben.
Nur eine sehr große, sehr elegante Stille.

Das einzig Beruhigende: Wasser, Strom und Gas laufen – vermutlich auf Dampfmaschinenbasis

Der WDR berichtet immerhin: Trinkwasser, Strom, Gas und Fernwärme seien weiterhin gesichert.
Das ist beruhigend – denn niemand möchte im November gleichzeitig frieren, dursten und im Dunkeln sitzen.

Doch alles andere?
Zählerstände übermitteln? Fehlanzeige.
E-Mails senden? Tot.
Hotline anrufen? Funktioniert hervorragend – man kommt nicht mal in die Warteschlange, weil das System auflegt, bevor man seinen Ärger überhaupt gesammelt hat.

Die Stadtwerke sagen nicht viel, aber immerhin: Das Landeskriminalamt ermittelt.
Das ist im IT-Kontext ungefähr so beruhigend wie die Meldung:
„Die Feuerwehr ist unterwegs, aber das Haus brennt schon eine Weile.“

Eine Zeitreise durch die IT-Archäologie – präsentiert von Censys.io

Während offiziell nichts gesagt wird, spricht das Internet – und zwar über die Funde der Scan-Datenbank censys.io.
Und was dort zu sehen ist, ist eine Mischung aus Museumsführung, Nostalgieschock und Wahnsinn.

Fundstück 1:
Ein öffentlich erreichbares System mit PHP 5.4.36
Aus dem Jahr 2014.
Wer heute noch PHP 5 nutzt, betreibt faktisch digitale Paleo-Forschung.

Fundstück 2:
Debian-Kernel 3.2.65, gebaut am 9. Januar 2015.
In IT-Zeitrechnung bedeutet das: Dieses System ist älter als manche RS485-Messstation im Museum.

Fundstück 3:
Zwei Systeme mit SMB-Freigaben – öffentlich im Internet!
Eines davon trägt den liebevollen Namen „STWDT2003R2“.
Das riecht so eindeutig nach Windows Server 2003 R2, dass selbst Microsoft wahrscheinlich kurz zusammengezuckt hat.

Und dann die Krönung:
Der Server meldete eine ungefähre Startzeit aus April 2009.
2009!
Damals war Angela Merkel noch in der ersten Amtszeit, WhatsApp ein Kleinkind und KI war etwas, das nur in Science-Fiction-Filmen existierte.
Kurz: Dieser Server ist älter als viele Elektroscooter.

Fundstück 4:
Ein Synology-NAS, frei im Internet.
Ein digitaler Tresor ohne Tür.

Kontaktaufnahme unmöglich – E-Mails kommen nach 12 Stunden beleidigt zurück

Auch die Presse kommt nicht durch.
E-Mails kommen mit „Host or domain name not found“ zurück – eine Art digitales Augenrollen.
Telefonisch erreicht man niemanden, nicht einmal ein Callcenter-Roboter sagt „Bitte warten“.

Ob die gefundenen Systeme tatsächlich betroffen sind?
Oder ob hier einfach nur die digitale Version eines Wimmelbuchs vorliegt?
Keine Ahnung.

Aber eines ist sicher:
Wenn diese Systeme wirklich produktiv liefen, dann ist es ein kleines Wunder, dass der IT-Notfall nicht schon 2017 mit großem Feuerwerk eingetreten ist.