Die „KI-Ära“: Wenn ein Wort das ganze Jahr erklärt – und die Zukunft gleich mit
Die Gesellschaft für deutsche Sprache, die jedes Jahr Wörter auswählt, bei denen man sich fragt, ob sie heimlich in einem Keller mit Kreuzworträtseln eingesperrt werden, hat damit offiziell bestätigt, was alle schon seit Monaten wissen: Wir leben nicht mehr in der Zukunft, wir werden von ihr rückwärts überrollt. Die Jury beschreibt den Begriff als „epochalen Wandel“, was ungefähr so klingt, als hätte jemand die Industrielle Revolution mit einer XXL-Packung Energydrinks intravenös beschleunigt.
Die „KI-Ära“ steht nach offizieller Lesart sowohl für Chancen als auch Risiken – also quasi wie ein Überraschungsei, aber statt Spielzeug bekommt man entweder Produktivitätsgewinne oder einen Chatbot, der plötzlich Existenzangst entwickelt. Manche sagen: „Die KI bringt uns nach vorne!“ Andere sagen: „Die KI bringt uns um!“ Wieder andere sind einfach froh, wenn sie ihnen morgens rechtzeitig den Kaffee empfiehlt, bevor das Homeoffice sie endgültig verschluckt.
Doch damit nicht genug. Hinter „KI-Ära“ landen auf den Plätzen zwei bis vier Wörter, die man eigentlich nur im politischen Panini-Sammelalbum 2025 erwartet hätte.
Da wäre zunächst der „Deal“. Ein Wort, das früher mal bedeutete, dass irgendjemand beim Teppichhändler zu viel bezahlt hat. Heute hingegen beschreibt es jede politische Entscheidung, bei der jemand einen möglichst breiten Siegergrinser aufsetzt und behauptet, er hätte „das beste Ergebnis aller Zeiten erzielt“. Das Wort ist so populär geworden, dass inzwischen selbst Haustiere Deals abschließen: Hunde verhandeln über Leckerlis, Katzen über Wohnraumerweiterungen auf Küchentischen.
Auf Platz drei dann der Begriff „Land gegen Frieden“. Ein Ausdruck, der klingt, als hätte man ein Computerspiel der frühen 2000er mit einem Diplomatie-Simulator im Ironie-Modus kombiniert. Der Gedanke dahinter: Man gibt einfach ein Stück Land ab – und zack, ist alles wieder gut. Eine faszinierend naive Vorstellung, die wahrscheinlich in der gleichen Schublade liegt wie „Regen abschalten“ oder „Weltfrieden per Newsletter“.
Und schließlich, auf Platz vier: das „Sondervermögen“. Ein Wort, das so positiv klingt, dass man fast vergessen könnte, dass es sich hierbei um ein 500-Milliarden-Euro-Monster handelt, das irgendwo zwischen Klimaschutz, Infrastruktur und der großen Hoffnung, nicht komplett den Anschluss an das 22. Jahrhundert zu verlieren, verteilt werden soll. „Sondervermögen“ ist das sprachliche Äquivalent zum Satz „Alles gut, wir haben das im Griff“, den man immer dann hört, wenn definitiv nichts im Griff ist.
Man muss der Jury jedoch eines lassen: Die Auswahl ist präzise. Sie zeigt, was uns 2025 bewegt – oder besser: was uns seit Monaten wie ein hyperaktiver Roomba durch das Weltgeschehen schubst. KI, Deals, zweifelhafte Friedenslogik und Geld, das so sonderbar ist, dass man kaum glauben kann, dass es überhaupt existiert.
Und so wird die „KI-Ära“ nicht nur zum Wort des Jahres, sondern zur freundlichen Erinnerung daran, dass wir längst in einem Zeitalter leben, in dem Maschinen Texte schreiben, Autos sich selbst einparken und Politik so klingt, als wäre sie von einer Software im Beta-Stadium formuliert worden.
Das Zeitalter der Menschheit? Vorbei. Willkommen in der Ära der Checkboxen, Algorithmen – und Wörter, die uns viel mehr über unsere Zeit verraten als jede 500-seitige Analyse. Die „KI-Ära“ ist da. Und sie bleibt. Mindestens, bis eine KI endlich das Wort „Feierabend“ zum Wort des Jahrzehnts erklärt.