Dolberg tagt am 9. September: Windfang, Kinderküche und Tempo 30 – die Mehrzweckhalle als Epizentrum der Lokalpolitik
Vorspiel: Die Bühne ist bereitet
Die Einladung flatterte offiziell ins Netz, versteckt im Ratsinformationssystem – dieser digitalen Schatztruhe, in der PDFs und Verwaltungsvorlagen wohnen. Dort, wo Demokratie noch nach Arial 11 riecht. Dolberg macht ernst: Alle Bürgerinnen und Bürger dürfen kommen, theoretisch jedenfalls. Praktisch sind die Stühle hart, die Luft trocken, und das Mikrofon knackt wie ein Lagerfeuer im Nieselregen. Aber wer dabei ist, kann später mit Fug und Recht sagen: „Ich war da, als über den Windfang gesprochen wurde.“
Erster Akt: Strukturförderung, die Königsdisziplin
Eröffnet wird die Sitzung mit der Vorstellung der Leiterin der Stabsstelle Strukturförderung. Kenntnisnahme, heißt es in der Vorlage. Für alle, die noch nie in der Verwaltung gesessen haben: Kenntnisnahme bedeutet, dass etwas gesagt wird, ohne dass jemand etwas dazu sagen darf. Ein Monolog in PowerPoint. Man stellt sich vor, wie die Dolberger Ratsmitglieder brav nicken, während Begriffe wie „Synergien“, „Förderkulissen“ und „Transformationsregion“ durch den Raum segeln. Und alle hoffen insgeheim, dass es wenigstens Kaffee gibt.
Zweiter Akt: Der Windfang – großes Kino am Backhaus
Dann kommt der Höhepunkt für alle Heimatfreunde: Die Erneuerung der Windfänge am Backhaus. Jawohl, am Heimathaus Dolberg wird die unsichtbare, aber unentbehrliche Luftschleuse ausgetauscht. Ein Projekt von solcher Tragweite, dass andere Kommunen vor Neid erblassen. Hier geht es nicht um schnöden Beton, hier geht es um den Schutz der Backkunst vor Zugluft. Während andernorts Autobahnen einstürzen, sorgt Dolberg dafür, dass kein Windstoß die Brötchen beleidigt.
Dritter Akt: Multirollencenter – die Revolution der Kinderküche
Und dann – Trommelwirbel – kommt der Antrag für das Multirollencenter mit Outdoor-Kinderküche. Ein Ort, an dem die Jugend von morgen lernt, dass man Nudeln nicht in der Mikrowelle kocht. Ein Zentrum, in dem Elternrollen, Großelternrollen und Helikopterrollen gleichermaßen Platz finden. Outdoor, versteht sich – damit die Bolognese mit frischer Landluft serviert wird. Was klingt wie ein pädagogischer Masterplan, ist in Wahrheit ein glänzendes Symbol: Dolberg baut nicht nur für die Zukunft, Dolberg kocht sie gleich mit.
Vierter Akt: Tempo 30 – der Prüfauftrag der Herzen
Im Anschluss wird es rasant langsam: Tempo-30-Zonen in Dolberg. Allerdings nicht direkt, sondern nur als Prüfauftrag. Heißt: Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen, ob geprüft werden könnte, ob Tempo 30 eventuell sinnvoll wäre. Während Autos längst autonom fahren und Drohnen Pakete ausliefern, überlegt Dolberg, ob man vielleicht das Tempo von 50 auf 30 reduziert. Das ist deutsche Gründlichkeit im besten Sinne – und garantiert ein Thema, das mindestens drei weitere Sitzungen füllen wird.
Fünfter Akt: Die große Bauplan-Trilogie
Nun betritt das Herzstück der Sitzung die Bühne: die Bauleitplanung. Ö5 und Ö6, Flächennutzungsplan und Bebauungsplan „Dolberg Mitte“. Ein Drama in zwei Teilen, das so kompliziert klingt, dass selbst erfahrene Bauherren Schwindelgefühle bekommen.
Im Kern geht es um Wohnbebauung. Klingt harmlos, ist aber ein Pulverfass: Wer baut wo, wer darf wie hoch, und was passiert mit dem Feld, auf dem Opa noch Kartoffeln pflanzte? Öffentlichkeitsbeteiligung inklusive. Heißt: Die Bürger dürfen ihre Meinung abgeben, bevor der Plan ohnehin beschlossen wird. Ein Ritual, so alt wie die Demokratie selbst: Beteiligung zum Mitnehmen, aber bitte ohne Einfluss.
Sechster Akt: Verwaltung erzählt aus dem Tagebuch
Dann: Bericht der Verwaltung. Eine Mischung aus Beichtstuhl und Klassenbuch. „Was haben wir seit der letzten Sitzung getan?“ – „Wir haben geprüft, beraten, nachgefragt, und manchmal sogar gehandelt.“ Meist geht es um Themen, die so trocken sind, dass man sie auch als Wüstenexkursion verkaufen könnte. Aber wehe, man hört nicht zu – dann verpasst man den einen Satz, der tatsächlich wichtig wäre.
Finale: Verschiedenes – das Sammelsurium der Träume
Zum Schluss das magische Wort: Verschiedenes. Hier quillt alles heraus, was vorher keinen Platz fand. Von „Wann wird die Straßenlampe an der Ecke repariert?“ bis „Warum steht der Mülleimer noch immer schief?“ ist alles möglich. Manchmal entstehen hier die besten Pointen, manchmal die längsten Diskussionen. Verschiedenes – das ist Dolbergs offenes Ende, die Wundertüte der Kommunalpolitik.
Zwischenfazit: Dolberg, du Perle der Demokratie
Was bleibt, wenn man die Tagesordnung in ihrer ganzen Pracht betrachtet? Eine Lektion in Sachen Bürokratie, verpackt in acht unscheinbare Punkte. Doch hinter jedem steckt eine Welt: Strukturförderung als Fantasieprojekt, Windfang als Heimatdenkmal, Multirollencenter als soziale Revolution, Tempo 30 als symbolischer Bremstest, Baupläne als epische Dauerbaustelle, Berichte als Pflichtlektüre und Verschiedenes als politisches Improvisationstheater.
Die große Inszenierung des Alltags
In Wahrheit zeigt die Sitzung genau das, was Kommunalpolitik ausmacht: Kleine Dinge werden groß, große Dinge bleiben klein, und am Ende fährt jeder wieder nach Hause mit dem Gefühl, Teil von etwas Wichtigem gewesen zu sein. Vielleicht nicht von Weltpolitik, aber von Weltbedeutung – zumindest im Radius von Dolberg.
Denn während in Brüssel über Klimaneutralität gestritten wird, kämpft Dolberg um einen Windfang. Während in Berlin Milliardenhaushalte verhandelt werden, denkt Dolberg über eine Outdoor-Kinderküche nach. Und während die Welt immer schneller dreht, prüft Dolberg Tempo 30.
Das ist keine Schwäche – das ist Demokratie im besten Sinne.
Einladung an die Bürger
Also, liebe Dolbergerinnen und Dolberger, schnappt euch euren Kalender: 9. September, 17 Uhr, Mehrzweckhalle. Kommt vorbei, setzt euch auf die harten Stühle, hört zu, wie Windfänge verteidigt und Baupläne verlesen werden. Vielleicht gibt es keine Popcorn-Maschine, aber es gibt garantiert echte Emotionen: Kopfnicken, Augenrollen, gelegentliches Hüsteln. Und wer Glück hat, darf unter Verschiedenes sogar selbst ein Thema einwerfen – zum Beispiel, warum die Bushaltestelle immer noch kein Dach hat.
Ein Pflichttermin mit Kultpotenzial
Diese Sitzung wird groß. Nicht, weil Dolberg die Welt verändert. Sondern weil Dolberg die Welt erklärt: mit Windfang, Kinderküche und Tempo 30. Das alles in acht Punkten, die uns lehren, dass Politik nicht immer Glamour, sondern oft einfach Verwaltung ist – und dass gerade darin die eigentliche Würze steckt.