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Dortmunder Schauspiel zieht ins ehemalige Kaufhaus

In Dortmund steht mal wieder ein prestigeträchtiges Großprojekt an – und selbstverständlich riecht es bereits nach der unverkennbaren Mischung aus Beton, Kreativität, Kulturförderung und einer Prise „Wir hoffen einfach mal, dass alles gut geht“. Ab 2027 soll das traditionsreiche Schauspiel nämlich teilweise ins ehemalige Kaufhaus am Ostenhellweg umziehen. Ja, genau dort, wo früher Menschen hektisch in Umkleidekabinen verschwanden, um Pullover für 9,99 Euro anzuprobieren, sollen künftig Shakespeare, avantgardistische Experimentalkunst und staatlich geförderte Bühnentränen über die Bühne gehen.

Dortmunder Schauspiel zieht ins ehemalige Kaufhaus

Doch halt – das ist kein dauerhaftes Drama, sondern nur ein Interims-Drama. Das Interimsquartier. Ein cleverer Begriff, der wie eine Mischung aus Baubaracke und Premium-Kulturtempel klingt, aber in Wirklichkeit so viel bedeutet wie: „Wir müssen hier rein, weil woanders gerade Löcher gebohrt werden.“

Das Schauspiel zieht nämlich nicht um, weil es so schön ist, sondern weil am Hiltropwall die sogenannte „Junge Bühne“ neu gebaut wird. Ein Projekt, das groß, modern und dringend nötig klingt – und vermutlich exakt so lange dauert, wie man für die Fertigstellung eines Flughafens braucht. Währenddessen ist das alte Schauspielhaus als Probenstätte ungefähr so geeignet wie ein Presslufthammer als Meditationshilfe.

Das Problem:

  • Baulärm, wie man ihn nur kennt, wenn zwei Betonmischer und ein vibrierendes Hochhaus gemeinsam Tango tanzen.
  • Fehlende Fluchtwege, die bei Proben experimenteller Dramen zwar dramaturgisch wertvoll sein könnten, aber rechtlich leider nicht.

Und so steht der Stadtrat im Dezember vor der Entscheidung: Rotes Licht, grünes Licht oder doch wieder ein Arbeitskreis, der dann zwei weitere Arbeitskreise gründet, um ein Stimmungsbild abzufragen, das alle schon kennen.

Der Plan sieht vor, das ehemalige Kaufhaus kurzerhand zur zentralen Spielstätte zu befördern. Aber natürlich nicht einfach so! Das Ganze wird selbstverständlich architektonisch „transformiert“. Ein Wort, das inzwischen so inflationär eingesetzt wird, dass selbst Toastbrot damit beworben wird. Aus einem Kaufhaus wird nun also ein Hochleistungs-Kulturbunker mit allen Extras: Probebühnen, Zuschauerplätze, Technikräume und vermutlich der besten Akustik, die man aus einem Gebäude herausholen kann, das früher hauptsächlich Kleiderständer beherbergte.

Die kulturelle Vision: Während draußen Menschen in der Fußgängerzone um Rabattcoupons kämpfen und Straßenmusiker ihre dritte Version von „Wonderwall“ intonieren, bricht drinnen der Vorhang für große Kunst auf. Theater mitten im Einzelhandels-Ökosystem – quasi das „Urban Jungle“-Paket für Kulturfreunde. Die perfekte Mischung aus Klang, Konsum und Kaffee-to-go.

Natürlich gibt es auch die Skeptiker.

Sie fragen:

  • Hält ein ehemaliges Kaufhaus überhaupt Theateremotionen aus?
  • Ist das Parkhaus bereit für den Schock der plötzlich auftretenden Kreativszene?
  • Wird die Kultur den Ostenhellweg retten oder der Ostenhellweg die Kultur verschlingen?

Aber das sind Details, die man frühestens klärt, wenn bereits die ersten Bühnenbauten ins Gebäude geschoben werden.

Bis dahin bleibt alles bei den guten alten Insignien kommunaler Großplanung: Optimismus, Zeitdruck, Bauzäune und ein Termin in ferner Zukunft, der hoffnungsvoll wie ein Versprechen wirkt, aber ein bisschen wie ein Lotto-Schein riecht.

Fakt ist: Das Schauspiel zieht um, weil der alte Standort modernisiert werden soll und die Baustelle sich nicht mit Proben verträgt. Baulärm trifft Kunst – ein Match, das selbst die beste Dramaturgin der Welt nicht zusammenbekommt. Und Fluchtwege, die fehlen, sind nun mal ein Argument, das sogar Kulturliebhaber akzeptieren. Schließlich möchte niemand ein Drama erleben, das plötzlich real wird.

Also: Das Schauspiel geht shoppen. Auf den Ostenhellweg. In ein Gebäude, das so viel Vergangenheit hat, dass die Zukunft darin umso spannender wird. Oder, wie man in Dortmund gerne sagt: „Wird schon gut gehen. Macht euch mal keinen Stress.“