Glasfaser frisst Straße – Willkommen im Beckumer Bermuda-Dreieck
Der Grund? Natürlich Glasfaser! Dieses magische Wort, das Politikern glänzende Augen beschert und Autofahrern graue Haare. Damit die Datenströme künftig in Lichtgeschwindigkeit durch die Leitung rauschen, müssen die realen Ströme – also Autos, Fahrräder und genervte Fußgänger – erstmal konsequent blockiert werden. Fortschritt braucht Opfer, und diesmal ist es der Durchgangsverkehr.
Aber keine Panik: Der Zugang zu den Heiligtümern des Kapitalismus – sprich Großparkplatz und Einzelhandel – bleibt gesichert. Schließlich will niemand riskieren, dass der Weg zur Rabattaktion im Baumarkt versperrt ist. Glasfaser ja, aber nicht ohne Wursttheke und Schraubenregal.
Für alle anderen gibt es eine Umleitung. Das klingt nach einer einfachen Lösung, ist aber in Wirklichkeit ein Abenteuerparcours für Navi-Geräte. Die Schilder werden großzügig verteilt, führen aber spätestens am dritten Abzweig in ein Paralleluniversum, wo die Straßen noch Kopfsteinpflaster haben und jeder zweite Anwohner sein Auto quer parkt. Ortskundige Autofahrer sind daher „gebeten“, großräumig zu umfahren. Das ist Verwaltungsdeutsch für: „Wenn ihr schlau seid, fahrt direkt über Hannover.“
Die Sperrung dauert – Überraschung! – ganze elf Tage, also mindestens doppelt so lange, wie man es anfangs glauben möchte. Offiziell ist das Ende auf den 26. September datiert. Praktisch heißt das: Irgendwann zwischen Herbstlaub und Winterreifenpflicht wird die Straße vielleicht wieder freigegeben, mit feierlichem Bandschnitt und einer Pressemitteilung, in der man den „reibungslosen Ablauf der Arbeiten“ lobt.
Man darf gespannt sein, wie sich das tägliche Verkehrschaos verteilt. Wahrscheinlich stauen sich die Autos in den Nebenstraßen, während Anwohner verzweifelt versuchen, ihre Einfahrten zu verteidigen. Radfahrer wiederum freuen sich, weil sie den Stau elegant umkurven können – nur um dann im frisch aufgebrochenen Asphaltloch zu verschwinden.
Die Glasfaserarbeiter selbst werden in dieser Zeit zu den heimlichen Stars der Beckumer Straße. Mit orangefarbenen Westen und gelangweilter Miene stehen sie an Bauzäunen, lehnen an Baggern und lassen alle zehn Minuten eine Presslufthammer-Symphonie erklingen. Für die Anwohner ein tägliches Konzert der Moderne, kostenlos und in voller Lautstärke.
Der Ausbau der digitalen Zukunft fordert einmal mehr analoge Nerven. Während Ahlen in Lichtgeschwindigkeit in die Zukunft rauscht, steht der Verkehr im Schneckentempo still. Doch am Ende wird alles gut: Dann fließen nicht nur Daten, sondern auch die Tränen der Autofahrer, die elf Tage lang gelernt haben, wie es sich anfühlt, im eigenen Ort verloren zu gehen.