Italien erfindet die Stau-Prämie: Geld zurück für Urlaubschaos auf der Autobahn
Und zwar nicht wenig! Die Verkehrsbehörde in Rom erklärte feierlich – wahrscheinlich mit dramatischen Gesten und mehr Espresso als empfohlen –, dass ab Juni nächsten Jahres Mauterstattungen möglich sind, sobald die Fahrtzeit deutlich überschritten wird. „Deutlich“, das ist in Italien übrigens eine faszinierende Einheit, die irgendwo zwischen „Ach, geht schon“ und „Wir stehen seit drei Stunden zwischen zwei LKW eingekeilt und ich kann die Autotür nicht mehr öffnen“ liegt.
Der Mechanismus dahinter ist beeindruckend modern: Autofahrer müssen eine App nutzen. Natürlich eine App. Alles ist heute eine App. Wenn man Pech hat, ist es eine dieser italienischen Apps, die einem beim Öffnen erst einmal lautstark Werbung für Olivenöl anzeigen und dann nach dem Passwort fragen, das man beim letzten Login um 3 Uhr morgens auf einem Rastplatz verzweifelt geändert hat. Aber gut – Fortschritt ist Fortschritt.
In dieser App arbeiten alle privaten Autobahnbetreiber zusammen, was wahrscheinlich der erste historische Moment ist, an dem alle Betreiber irgendetwas gemeinsam machen, ohne sich gegenseitig die Leitplanken in Rechnung zu stellen.
Die Regelung klingt fast zu schön, um wahr zu sein:
– Bis 50 Kilometer Strecke genügt eine Verzögerung von nur zehn Minuten, und schon gibt’s Geld zurück.
Zehn Minuten! Das ist in italienischen Stauverhältnissen ungefähr so realistisch wie ein fünfblättriges Kleeblatt: selten, aber nicht unmöglich.
– Bei längeren Strecken wird das Ganze noch großzügiger. Ab 15 Minuten Verspätung darf man sich Hoffnung machen. Hoffnung! In einem Stau! Was für ein Konzept.
– Und der König aller Entschädigungen: Ab drei Stunden Stillstand gibt’s die gesamte Maut zurück.
Drei Stunden sind eine Zeitspanne, in der man normalerweise:
- ein Hörbuch durchhört,
- einen emotionalen Zusammenbruch erlebt,
- sich mit dem Auto hinter sich anfreundet,
- den hinteren Fußraum gründlich analysiert
- UND die Lebensentscheidungen hinterfragt, die dazu geführt haben, genau jetzt zwischen Bologna und Florenz auf einer Autobahn zu verdampfen.
Doch nun: Statt Verzweiflung – Cashback. Italienisches Stau-Bonusprogramm. „Punkte sammeln beim Nichtvorankommen.“ Die Zukunft ist da.
Die neue Regelung tritt rechtzeitig vor der Sommersaison in Kraft – also bevor Millionen Deutsche, Niederländer und ein paar mutige Österreicher beschließen, die gesamte Adria-Küste gleichzeitig anzusteuern. Mit dem Effekt, dass sich die Autobahnen in ein rollendes Meer aus Familienvans, Wohnmobilen und panisch piependen Navigationsgeräten verwandeln. Und irgendwo mittendrin sitzt ein kleiner Fiat 500, der versucht, sich in eine Lücke zu retten, die physikalisch nicht existiert.
Für viele Urlauber wird diese Erstattung eine Art emotionaler Rettungsanker sein. Ein Trost. Ein handfester finanzieller Händedruck Italiens, der sagt:
„Mi dispiace, du standest drei Stunden im Stau – hier ist dein Geld zurück. Und jetzt iss bitte ein Gelato und entspann dich.“
Die große Frage bleibt nur:
Wann zieht Deutschland nach?
Wahrscheinlich nie. Deutsche Autobahnen würden eher eine neue Hinweistafel einführen:
„ACHTUNG: Sie stehen im Stau. Diese Erfahrung ist kostenfrei, aber emotional unbezahlbar.“