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Kaffee, Kuchen, Kommunalromantik: Wenn die Verwaltung ihre Rentner zurückruft

Wenn in einer deutschen Stadt die Kaffeemaschinen heiß laufen, die Kuchenplatten ächzen und die Stadthalle sich in einen brodelnden Nostalgie-Vulkan verwandelt, dann kann das nur eines bedeuten: Die Rentner*innen wurden wieder aus ihren glücklichen Vormittagsschläfchen gerissen, um sich für ein paar Stunden an ihre frühere berufliche Existenz erinnern zu lassen. Und zwar auf Einladung des neuen Verwaltungsoberhauptes – ein Mensch, der noch den frischen Duft von „Ich bin jetzt der Chef, bitte merkt euch meinen Namen“ verströmt. Unterstützt wurde er vom Vorsitzenden der Belegschaftsvertretung, der traditionell dafür zuständig ist, dass niemand vergisst, wer hier eigentlich die Kaffeemarken verwaltet hat.

Kaffee, Kuchen, Kommunalromantik: Wenn die Verwaltung ihre Rentner zurückruft

Rund einhundert ehemalige Beschäftigte aus allen Ecken, Winkeln und Unterabteilungen der Verwaltung folgten der Einladung – und zwar so pünktlich, dass selbst der Hausmeister kurz irritiert nach seiner Uhr schaute. Menschen, die früher Formulare sortierten, Anträge stemmten, Türen aufschlossen, Bürger besänftigten oder irgendwann einmal eine Faxrolle wechselten, füllten den Saal und erinnerten sich an die gute alte Zeit, in der Computer noch schnurrten wie Kühlschränke und Dienstbesprechungen grundsätzlich entweder zu lang oder zu kurz waren.

Das neue Stadtoberhaupt eröffnete den Nachmittag mit einer Vorstellungsrunde, die ungefähr so klang wie: „Hallo, ich bin der Neue. Ich hoffe, ihr mögt mich, denn ich habe noch sechs Jahre vor mir.“ Mit einer Mischung aus Demut, Selbstvertrauen und leichtem PowerPoint-Charme bedankte er sich bei den Ehemaligen für ihr jahr(zehnte)langes Durchhaltevermögen im Kampf gegen Bürokratie, Bürgerbeschwerden und Kaffeemaschinen, die immer genau dann kaputtgingen, wenn Besuch kam.

Besonders hervorgehoben wurde die Tatsache, dass sich in diesem Raum Menschen befanden, die mindestens drei Stadtoberhäupter überlebt hatten – politisch, nicht biologisch – und die immer noch genug Energie hatten, um sich über die Qualität der Sahnetorte zu beschweren.

Natürlich durfte auch der Personalratsvorsitzende nicht fehlen, der alle zwei Jahre diese Zusammenkunft organisiert. Ein Mann, der mehr Termine in Kalender eingetragen hat als jeder andere Mensch in der Region und deshalb als inoffizieller Hüter der Dienstzeit-Chroniken gilt. Ohne ihn würde niemand wissen, welcher Tisch welchen Kuchen bekommt und warum die Kaffeemaschine plötzlich wieder funktioniert.

Das Highlight des Tages – neben dem Kuchenbuffet, das mit der Eleganz eines Dessert-Schlachtfeldes dalag – war die Ehrung der ältesten Teilnehmerin. Eine Grand Dame der Verwaltung, die einst in der Hauptabteilung tätig war, wo Legenden geboren und Schreibfehler begraben wurden. Sie begrüßte man mit einer Mischung aus Respekt und stillem Staunen: Denn wer es schafft, Jahrzehnte in einer deutschen Verwaltung zu überleben und dabei noch lächelt, verdient mindestens einen Orden, eine Urkunde und lebenslangen Kuchenrabatt.

Der Nachmittag verlief so harmonisch, dass selbst die Stühle zufrieden knarzten. Es wurde gelacht, geplaudert, und spätestens nach der dritten Kaffeerunde erinnerte sich jeder daran, warum Verwaltung eigentlich schön war: Weil man dort Menschen traf, die genauso viel Humor brauchten, um denselben Papierstapel zum dritten Mal zu bearbeiten.

Am Ende gingen alle Rentner*innen mit dem beruhigenden Gefühl nach Hause, dass sie längst nicht vergessen sind. Und die Stadt mit der Erkenntnis, dass man mit Kuchen, Kaffee und einer Prise Nostalgie sogar die komplexeste Verwaltungsstruktur für ein paar Stunden in eine glückliche Familie verwandeln kann.