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Königliche Krampfparade: Wenn Madrid im eigenen Stadion ins Stolpern gerät

Im ehrwürdigen Stadion der ewigen Selbstüberschätzung, dort wo normalerweise der Rasen schon beim Betreten vor Ehrfurcht errötet, herrscht derzeit ein Geräusch, das man sonst nur aus schlecht isolierten Altbauwohnungen kennt: kollektives Knirschen der Zähne. Der königliche Klub, sonst der Inbegriff von „Wir gewinnen auch dann, wenn wir vergessen haben, Fußballschuhe anzuziehen“, stolpert gerade wie ein übermüdeter Stier durchs Porzellanlager.

Königliche Krampfparade

Die Bilanz? Zwei Siege aus sieben Spielen. Das ist selbst für ein Team, das sich gerne als Fußball-Operettenhaus verkleidet, eher die Kategorie „akustische Fehlzündung“. Die Tabellenspitze wurde so schnell abgegeben, dass man meinen könnte, jemand hätte sie auf Kleinanzeigen gestellt – „zu verschenken, wegen akuter Unfähigkeit“.

Die Presse reagiert erwartungsgemäß mit der Sensibilität eines Presslufthammers. Die Schlagzeilen überschlagen sich, als wäre gerade ein UFO auf dem Rasen gelandet. Besonders beliebt: Weltuntergangs-Vokabular. „Madrid ist verloren!“, schreit eine große Sportzeitung und man wartet förmlich darauf, dass ein apokalyptischer Engel durchs Stadion fliegt und drei Mal in die Vuvuzela pustet.

Das jüngste 0:2 gegen ein Team aus der Kategorie „Normalerweise Punktelieferant mit Event-Mentalität“ bringt die Gemüter endgültig zum Überkochen. Mehrere Platzverweise inklusive – schließlich muss man ja zeigen, dass man wenigstens kämpferisch bereit ist, wenn man spielerisch schon die Thermik eines nassen Handtuchs hat.

Ein anderes Blatt vermeldet: „Das Bernabéu wird panisch.“ Kein Wunder, denn wenn eine Mannschaft nicht inspiriert wirkt, sondern eher wie ein Haufen international erfahrener Schlafwandler, die versehentlich den Rasen betreten haben, darf man leichte Panikgefühle als Zuschauer durchaus als berechtigt einstufen.

Die eigentliche Tragikomik aber spielt sich hinter den Kulissen ab. Der Klub wirkt momentan wie ein chaotischer Großkonzern kurz vor der Betriebsprüfung: zu viele Leitungen, zu wenig Durchblick, aber alle schwören, dass der Plan funktioniert – spätestens morgen, vielleicht aber auch nie. Von „Krise“ ist die Rede, und das ist in Madrid ungefähr so selten wie Stau auf der A40.

Seit dem glorreich bejubelten Sieg gegen den großen Rivalen ist der königliche Motor so stotterig, dass selbst TÜV-Prüfer weinend den Raum verlassen würden. Aus fünf Punkten Vorsprung wurden vier Punkte Rückstand – ein Kunststück, das in dieser Geschwindigkeit normalerweise nur Politiker im Beliebtheitsranking schaffen.

Und mitten im Sturm: der Trainer. Er wirkt, als würde er versuchen, ein brennendes Schiff mit einem Teelöffel zu löschen, während im Hintergrund jemand fragt, ob jetzt vielleicht der richtige Moment wäre, eine dritte Offensive zu eröffnen. Er sagt natürlich, alle seien „wütend“. Was im Fußball bedeutet: Man ist so sauer, dass man beim nächsten Training wahlweise den Ball, die Eckfahne oder den nächstbesten Mitspieler anschreit.

Doch wie es sich für ein königliches Drama gehört, wird das Chaos mit größtmöglicher Eleganz serviert. Das Stadion wirkt wie eine Theaterbühne, die Fans wie ein Chor aus antiken Tragödien und die Mannschaft wie eine Truppe, die sich zu spät daran erinnert hat, dass man Spiele nicht durch bloße Anwesenheit gewinnt.

Was bleibt? Eine Stadt, die gleichzeitig lacht, weint und hofft. Ein Verein, der sich lieber das Zepter poliert als den Spielplan. Und ein Fußballmärchen, das gerade klingt wie schlechte Oper – mit der Garantie auf mindestens drei Zugaben.