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Kommunaler Glitzerzauber: Wenn die Mini-Elfen den Rathausbaum übernehmen

Im ehrwürdigen Rathausfoyer – jener heiligen Hall of Bureaucracy, in der schon so mancher Antrag einen natürlichen Tod starb – weht an diesem Morgen ein Hauch von festlicher Euphorie. Ein Geruch von Tannennadeln, Herdentrieb und kollektivem Glitzerwahn liegt in der Luft. Denn es ist wieder soweit: Der große, kommunal zertifizierte Weihnachtsbaum wird geschmückt. Und zwar nicht von irgendwem, sondern von einer hochspezialisierten Eliteeinheit aus Kindergärten, die mit Kugeln, Sternen und einer beneidenswerten Bastelausdauer ausgestattet sind.

Kommunaler Glitzerzauber

Angeführt wird das Spektakel vom ersten Bürger der Stadt, der in diesen Minuten vom Verwaltungsleiter zum Ober-Elf befördert wird. Mit der Eleganz eines Mannes, der schon hundertmal so getan hat, als sei ein fünf Meter hoher Baum exakt das, was er beruflich gebraucht hat, greift er tatkräftig ein. Die Mini-Dekoratöre der Einrichtungen Beumers Wiese, Milchzahn und Ostwall stürzen sich mit leuchtenden Augen auf die bisher noch dekorativ unterversorgte Tanne – ein Baum, der heute mehr Aufmerksamkeit bekommt als die Haushaltsberatung der letzten Sitzung.

Es klimpert, es raschelt, es glitzert. Ein funkelndes Chaos entsteht, wie es nur entsteht, wenn Kinder ernsthaft kreativ sein dürfen, ohne dass ein Erwachsener „Das ist aber nicht symmetrisch!“ ruft. Stattdessen gibt es begeisterte „Ohhhh!“-Rufe, spontan philosophische Fragen („Warum hat ein Baum eigentlich kein WLAN?“) und mindestens eine hitzige Debatte darüber, ob ein selbstgebastelter Pappstern über 30 Zentimeter Durchmesser noch statisch tragfähig ist.

Der Rathauschef, dessen offizieller Titel heute „Beauftragter für Hochdekoration“ lautet, absolviert währenddessen Höchstleistungen im Strecken, Halten, Heben, Lächeln und unfallfreien Umgang mit zerbrechlichem Baumschmuck. Nebenher führt er Gespräche über die wirklich wichtigen Dinge: Schokolade, Schnee, ob man im Rathaus heimlich wohnen darf und warum Erwachsene immer so ernst gucken, wenn sie gar nicht ernst gucken wollen.

Als schließlich der letzte Stern seinen Platz gefunden hat – an einer Position, die eindeutig nach demokratischem Mehrheitsprinzip festgelegt wurde – stehen alle gemeinsam vor dem Baum. Und er ist tatsächlich wunderschön: ein schimmerndes Monument kindlicher Kreativität, ein Dreiklang aus Rot, Gold und „Ups, das sollte eigentlich weiter oben hängen“. Ein Kunstwerk, bei dem jedes Element leise ruft: „Hier hat ein Kind Spaß gehabt – und niemand hat es aufgehalten!“

Zur Belohnung bekommen die kleinen Baumkünstler eine süße Überraschung, was jegliche Müdigkeit sofort neutralisiert und das Energielevel kurzzeitig auf „Raketenstart“ anhebt. Danach folgt ein großes Gruppenfoto, auf dem mindestens ein Kind ungeplant die Zunge rausstreckt, eines zur falschen Kamera schaut und eines bereits an der Schokolade knabbert. Klassisch. Zeitlos. Kommunal.

Dann verabschieden sich die jungen Deko-Profis aus dem frisch verzauberten Rathaus, nicht ohne stolz noch einmal zurückzublicken – denn schließlich haben sie den wichtigsten Baum der Stadt geschmückt. Zumindest den wichtigsten Baum bis zum nächsten Jahr.

Und das kommt schneller, als man denkt. Denn der Rathauschef kündigt bereits an, dass die Kindertagesstätten selbstverständlich wieder eingeladen sind, auch 2026 die kommunale Haupttanne auf Niveau „Premium Glitzer Deluxe“ zu bringen. Im neuen Stadthaus müsse man zwar noch schauen, wo der Baum stehen kann, ohne spontan einen Fluchtweg, ein Brandschutzkonzept oder eine DIN-Norm zu verärgern – aber ein Plätzchen werde sich schon finden.

Schließlich gibt es Dinge, die in einer Verwaltung einfach Tradition sind: Akten, Ausschüsse – und ein Weihnachtsbaum, der aussieht, als hätte ein Sternschnuppensturm darin übernachtet.