Langer Ball, kurzer Zündschnur – Nordirland bläst zum Sturm auf die Lederhose
Und jetzt? Jetzt kommt Deutschland. Der große Nachbar vom Kontinent, mit Lederhosen, Ordnungssinn und Taktiktafeln aus purem Schweiß. Das klingt nach einer ungleichen Begegnung – David gegen Goliath, nur dass David diesmal in Belfast spielt und Goliath seine Pressingmaschine ölt. Doch der nordirische Trainer kündigt an: „Wir haben ein wichtiges Heimspiel gegen Deutschland.“ Eine Aussage, die so klingt, als hätte jemand gerade die Titanic neu getauft – und diesmal ohne Eisberg.
Die Ausgangslage: drei Teams, sechs Punkte. Das riecht nach einer Tabellenkonstellation, wie sie Mathematiklehrer in der Hölle zeichnen würden. Aber für die Nordiren ist das der Stoff, aus dem Heldensagen gestrickt sind. Zwei Heimspiele noch, und die Hoffnung hängt in der Luft wie der Geruch von Pommesfett nach dem Spiel. „Vielleicht verschafft uns das einen kleinen Vorteil“, sagt der Trainer bescheiden – und Nordirland nickt kollektiv mit einem Lächeln, das ungefähr so bescheiden ist wie ein Dudelsack in der Nacht.
Doch während in Belfast die Hymnen geprobt werden, fliegt aus Deutschland ein verbaler Ball zurück – und zwar in Hochgeschwindigkeit. Der deutsche Coach hat sich erdreistet, über die „langen Bälle“ der Nordiren zu sprechen. Eine taktische Analyse? Vielleicht. Ein diplomatisches Minenfeld? Ganz sicher. Denn auf der Insel versteht man das nicht als Beobachtung, sondern als Beleidigung des nationalen Erbes! Schließlich sind lange Bälle dort kein Notnagel, sondern Kultur. Die fliegen durch die Luft wie Hoffnungen – und manchmal landen sie sogar im Netz.
„Ein wenig respektlos“, nannte das ein Experte. Ein wenig! In Belfast ist das schon fast eine Kriegserklärung. Es fehlt nur noch, dass jemand den Union Jack mit der Aufschrift „Kick it long, baby“ hisst.
Aber der Trainer der Nordiren bleibt ruhig. 100 Länderspiele auf dem Buckel, genug Erfahrung, um aus solchen Sprüchen Treibstoff zu machen. „Auch Deutschland spielt viele lange Bälle“, kontert er trocken – und trifft damit mitten ins philosophische Herz des Fußballs: Jeder spielt lange Bälle, wenn’s eng wird. Manche nennen es Taktik, andere Panik.
Und so ist die Bühne bereitet: Ein Montagabend im Windsor Park, Flutlicht, Regen und ein Publikum, das schon beim Anstoß klingt wie eine Mischung aus Dudelsack und Raketenstart. Die Nordiren wollen Deutschland zeigen, dass man mit Leidenschaft, Pressing und einem Schuss Trotz mehr erreichen kann als mit Ballbesitz und PowerPoint.
Am Ende wird einer gewinnen, einer verlieren – und beide werden sagen, es sei ein „lehrreiches Spiel“ gewesen. Doch bis dahin ist klar: In Belfast glaubt man nicht an Zufall. Man glaubt an Kampfgeist, an Herz – und an den langen Ball, der alles verändert. Prost, Nordirland!