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Laser, Lounge & Luxuspopcorn: Dortmund erfindet das Kino neu

Früher ging man ins „Lichtspielhaus“. Ein Ort, an dem Popcorn knisterte, Teppiche rochen wie nostalgische Teenagerträume und die Sitze bei jedem Hinsetzen ein Geräusch machten, als protestierten sie gegen die eigene Existenz. Doch diese Zeiten sind vorbei. Heute wollen Kinos nicht einfach Filme zeigen – sie wollen Freizeitparks sein, Raumschiffe, Spa-Bereiche mit Dolby Atmos. Und nirgendwo wird diese neue Kino-Religion so gläubig zelebriert wie im frisch modernisierten Mega-Filmpalast am Rand der Dortmunder Nordstadt.

Laser, Lounge & Luxuspopcorn: Dortmund erfindet das Kino neu

Rund ein Jahr hat man dort renoviert – natürlich bei laufendem Betrieb, denn Popcorn kennt keine Betriebsferien. Während Handwerker mit Presslufthämmern durch die Flure marschierten, wurden keine Zuschauer vertrieben. Stattdessen bekam man den seltenen Bonusfilm „Bauarbeiten in Dolby Surround“ direkt zur Abendvorstellung dazu. Jetzt aber, endlich, ist alles fertig. Alles neu. Alles glänzt. Alles kostet sieben Millionen Euro. Oder wie Marketingabteilungen es nennen: „Ein Schnäppchen“.

Das Herzstück des Projekts wurde schon letztes Jahr vorgestellt: Ein IMAX-Saal mit dem einzigen 4K-Laserprojektor in ganz NRW. Ein Gerät, das Lichtstrahlen aussendet, die vermutlich auch die ISS blenden könnten. Die Leinwand ist 200 Quadratmeter groß – so groß, dass man sich fast verpflichtet fühlt, davor den Führerschein Klasse C zu machen. Wer hier sitzt, sieht nicht nur den Film, man sieht die Poren der Schauspieler, die Falten ihrer Falten und wahrscheinlich sogar die Steuernummer des Kostümbildners. Die Realität wirkt dagegen wie ein schlechter VHS-Abend.

Doch damit nicht genug. Jetzt wurde das gesamte Kino modernisiert. Von den Toiletten (die nun hoffentlich aussehen wie ein Spa in Dubai) über das Foyer (wahrscheinlich größer als so manche Dortmunder Wohnung) bis hin zu allen 14 Sälen. Alles renoviert, poliert, dekoriert und vermutlich desinfiziert.

Die Flure, früher labyrinthartige Gänge, in denen man sich nach dem dritten „Ziemlich beste Freunde“-Trailer verirrt hat, sind jetzt hippe Lounge-Zonen. Mit Sesseln, die aussehen wie Möbel aus einer Zeitschrift, die man nicht bezahlen kann. Ruhesessel, Wohlfühlbeleuchtung, Teppiche in Farben, die beim Betreten flüstern: „Iss noch ein Nacho. Du hast es verdient.“

Das Kino von heute ist eben kein Ort mehr, an dem man „einfach einen Film“ schaut. Nein. Es ist ein Lifestyle-Tempel. Ein Erlebnishaus. Ein emotionales Wellnessprogramm mit Überlänge. Und natürlich hat das Haus jetzt ein Angebot, das es so in ganz Deutschland noch nicht gibt. Was es genau ist, wird nicht verraten – vielleicht ein animierter Popcorn-Masseur, ein Selbstfahrstuhl, der Komplimente macht, oder holografisches Personal, das nie schlechte Laune hat. Hauptsache einzigartig, teuer und irgendwie leuchtend.

Dass das alles sieben Millionen Euro gekostet hat, wundert niemanden. Renoviert wurde schließlich alles: Technik, Möbel, Wände, Böden, wahrscheinlich auch die Luftmoleküle im Gebäude. Wenn so ein Kino neu startet, dann nicht leise. Dann mit Laser, Lounge und „Look, wir sind jetzt Premium!“-Glanz.

Und so steht das neue Kino der Nordstadt nun da: wie ein Space-Shuttle, das zufällig Blockbuster abspielt. Wie ein Freizeitpark ohne Achterbahn. Wie ein Luxus-Wohnzimmer, in dem 700 Leute gleichzeitig sitzen dürfen. Es ist modern, es ist massiv aufgerüstet – und es erinnert niemanden mehr an das „Lichtspielhaus“ von damals.

Denn das Lichtspielhaus war gestern. Heute ist Erlebnis — zuzüglich Aufpreis für alles, was Spaß macht.