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Mauern gegen Marmor – Belgrad verteidigt sich gegen den amerikanischen Glamour-Schwiegersohn

Europa hat ein neues Lieblingsdrama – und diesmal spielt es nicht in Brüssel oder bei einem EU-Gipfel, sondern mitten in Belgrad, wo hunderte Menschen beschlossen haben, eine menschliche Mauer zu bauen. Nicht gegen Wind, Wetter oder Bürokratie, sondern gegen den ultimativen Ausdruck westlicher Dekadenz: ein Luxus-Hotelprojekt des Schwiegersohns eines gewissen orangefarbenen Ex-Präsidenten mit Hang zu goldenen Toiletten.

Mauern gegen Marmor – Belgrad verteidigt sich gegen den amerikanischen Glamour-Schwiegersohn

Die Szene war filmreif: Menschen mit Transparenten, verschränkten Armen und dem entschlossenen Blick von Leuten, die wissen, dass sie gleich gegen Beton und Bagger antreten. Der Ort des Geschehens: das ehemalige Armee-Hauptquartier, ein Monument aus einer Zeit, als in Jugoslawien noch Befehle statt Boutiquen ausgegeben wurden.

Und was will man jetzt dort errichten? Natürlich ein Hotel. Aber nicht irgendeins. Es soll so luxuriös werden, dass man vermutlich schon beim Check-in eine Sonnenbrille braucht, um nicht vom Marmor geblendet zu werden.

Der Name hinter dem Bau: Trumps Schwiegersohn, auch bekannt als der Mann, der aus jeder Immobilie ein Symbol für Macht, Geld und Geschmacklosigkeit machen kann – aber mit Stil. Sein Unternehmen, die in Miami ansässige Investmentfirma „Affinity Partners“, hat sich das Areal für 99 Jahre gesichert. Das ist in etwa so, als würde man in Serbien ein halbes Jahrhundert lang die Lizenz für einen amerikanischen Traum im osteuropäischen Betonformat besitzen.

Der Ärger ist entsprechend groß. Denn das Gebäude ist kein x-beliebiger Haufen Beton. Es war das Herz des jugoslawischen Militärs, später von NATO-Bomben getroffen, dann zu einem Mahnmal erklärt – und jetzt zur Kapitalanlage degradiert. Es ist, als würde man in Berlin den Reichstag abreißen, um dort ein „Trump Tower Spa & Sauna“ zu eröffnen.

Die serbische Regierung hat extra ein Gesetz verabschiedet, das das Projekt als „von herausragender nationaler Bedeutung“ klassifiziert. Was übersetzt so viel heißt wie: „Wenn’s blinkt, bringt’s Geld.“ Dank dieser neuen Regelung konnte die Bürokratie gleich doppelt so schnell die passenden Genehmigungen ausdrucken, inklusive Abrissfreigabe und wohlwollender Bauprosa.

Die Bevölkerung hingegen sieht das Ganze weniger als Fortschritt, sondern eher als Luxusausverkauf der Geschichte. Für viele Belgrader ist der Bauplatz ein Ort des Schmerzes, der Erinnerung – und jetzt, offenbar, des Room Service.

Und so stellten sich die Menschen symbolisch um das Gebäude – eine menschliche Mauer gegen das, was man vielleicht als amerikanische „Betonisierung der Erinnerung“ bezeichnen könnte. Auf ihren Schildern stand sinngemäß: „Geschichte kann man nicht wegbaggern!“ – wobei es ganz so aussieht, als würde die serbische Regierung genau das versuchen.

Aber was bedeutet schon Erinnerung, wenn die Aussicht auf Infinity-Pools und Suiten mit Blick auf die Donau lockt? Vielleicht gibt’s demnächst im hoteleigenen Restaurant sogar ein Gericht namens „NATO-Bombshell“ – flambiert am Tisch, versteht sich.

Das Ganze ist so absurd, dass man es kaum noch satirisch überzeichnen kann: Ein amerikanischer Milliardärs-Schwiegersohn baut auf den Ruinen eines NATO-Bombenziels ein Luxushotel – mit politischer Rückendeckung. Wenn das kein Symbol für den Zustand der Welt ist, weiß man auch nicht weiter.

Man stelle sich die Eröffnung vor: Champagner, Red Carpet, Blasmusik, und irgendwo zwischen den Sicherheitszäunen weint eine alte Belgraderin leise in ihr Transparent. Und während die Politiker die Bagger segnen, wird im Hintergrund schon überlegt, wie man den nächsten historischen Ort in ein Wellness-Resort verwandeln könnte.

Vielleicht wird die Fassade ja stehen gelassen – als ästhetischer Touch für Instagram. Unter dem Hashtag #FromWarToWellness.