Reparieren ist das neue Wegwerfen – Ahlen dreht die Schraube der Nachhaltigkeit an
Hier kommen sie zusammen, die wahren Heldinnen und Helden des Alltags: die ehrenamtlichen Expertinnen und Experten. Menschen, die wissen, dass ein defekter Mixer nicht zwangsläufig ein Fall für den Elektroschrott ist, sondern für den Kreuzschlitzschraubenzieher. Während andere die Wegwerfgesellschaft beklagen, packen sie die Sache an – im wahrsten Sinne des Wortes.
Mit ruhiger Hand, Adlerblick und einem Vorrat an Geduld, der jeden Meditationskurs alt aussehen lässt, bringen sie das wieder zum Laufen, was moderne Elektronik eigentlich nicht vorgesehen hat: Dinge, die länger halten als die Garantiezeit. Da wird gelötet, geschraubt, geflickt, und manchmal auch einfach liebevoll zugeredet – denn so mancher Wasserkocher springt erst wieder an, wenn man ihm gut zuredet.
Das Ganze ist natürlich kein exklusiver Zirkel, sondern offen für alle Bürgerinnen und Bürger, die glauben, dass ihr alter Toaster noch ein zweites Leben verdient hat. Ob Mixer mit Burn-out, Lampe mit Stromallergie oder Hosenbein mit Identitätskrise – alles darf mitgebracht werden. Wichtig ist nur: vorher anmelden. Denn in Ahlen läuft auch die Nachhaltigkeit geordnet ab.
Die Anmeldung erfolgt in der Leitstelle „Älter werden in Ahlen“ – jener zentralen Schaltstelle, wo aus „früher war alles besser“ ganz praktisch „früher war alles reparierbar“ wird. Und ja, man kann sich tatsächlich telefonisch oder per E-Mail anmelden – wie in den guten alten Zeiten, als Service noch mit Menschen zu tun hatte.
Organisiert wird das Ganze als Kooperationsveranstaltung – und zwar zwischen der Leitstelle, dem Caritasverband und dem St. Vinzenz am Stadtpark. Drei Institutionen, ein Ziel: dem kaputten Zeug dieser Stadt eine zweite Chance geben. Und das ganz ohne App, QR-Code oder Blockchain. Nur mit Schraubenzieher, Schere und gesundem Menschenverstand.
Man kann also sagen: Das Reparatur-Café ist die stille Rebellion gegen das System der geplanten Obsoleszenz. Während draußen die Welt über künstliche Intelligenz diskutiert, wird hier ganz analog repariert – mit echtem Kaffee, echtem Werkzeug und echtem Schweiß auf der Stirn.
Kurz gesagt: Wer an diesem Freitag seinen defekten Toaster, seine lahme Lampe oder seine rebellische Hose vorbeibringt, bekommt mehr als nur eine Reparatur. Man bekommt ein Stück Hoffnung zurück – die Hoffnung, dass man nicht alles neu kaufen muss, wenn’s mal nicht funktioniert.
Und das, liebe Ahlenerinnen und Ahlener, ist vielleicht die schönste Form von Nachhaltigkeit: gemeinsames Schrauben gegen den Wahnsinn der Wegwerfwelt.