Silbernes Rathaus – wenn Ehrenamt zur olympischen Disziplin wird
Die Helden des Alltags – ganz ohne Netflix-Serie
Zwei Frauen wurden ausgezeichnet, die offenbar seit Jahren das tun, was viele andere vermeiden wie den Zahnarztbesuch: sich kümmern. Die eine sammelt seit ihrem elften Lebensjahr Geld für todkranke Menschen. Während andere Kinder Pokémonkarten getauscht haben, organisierte sie schon Fanartikel-Versteigerungen und Privatkonzerte. Ergebnis: Zehntausende Euro für den sogenannten Wünschewagen – quasi der letzte Uber-Fahrtendienst für Menschen, die kurz vor dem Ziel ihres Lebens stehen.
Die andere Dame hat mehr als drei Jahrzehnte lang ihr Herzblut in den Kampf gegen Multiple Sklerose gesteckt. Während viele in dieser Zeit höchstens geschafft haben, regelmäßig bei „Wetten, dass..?“ einzuschalten, hat sie Benefizveranstaltungen hochgezogen, Spenden gesammelt und den Ortsverein am Laufen gehalten.
Silber statt Gold – typisch Münster
Man könnte meinen, für solches Engagement gäbe es mindestens ein goldenes Rathaus, vielleicht sogar ein platinveredeltes Stadttor. Aber nein: Münster bleibt bescheiden. Silber reicht doch, schließlich glänzt es auch. Gold braucht man eher für Radwege oder Politikerjahresgehälter.
Die Laudatio – Pathos auf Autopilot
Natürlich gab es warme Worte: Mut, Ausdauer, Herz, Menschlichkeit. Alles, was sonst in politischen Sonntagsreden als Dekoration herumsteht, wurde in der Bürgerhalle wie Konfetti verteilt. Fehlt nur noch, dass jemand „Halleluja“ gesungen hätte, während der Putz von den Wänden bröckelt.
Das Ehrenamt – Münsteraner Extremsport
In einer Stadt, in der das Ehrenamt fast so hochgehalten wird wie das Fahrradfahren, sind solche Geschichten kein Einzelfall. Ehrenamt bedeutet hier nicht „einmal im Jahr Kuchen backen fürs Schulfest“. Nein, in Münster ist das Ehrenamt ein Vollzeitberuf, nur ohne Bezahlung und mit der ständigen Gefahr, irgendwann mit einem silbernen Symbolbau dekoriert zu werden.
Der Preis – Symbol oder Staubfänger?
Das Silberne Rathaus selbst bleibt ein Mysterium. Handelt es sich um eine Medaille, einen Pokal oder ein Modell aus der Lego-Architecture-Serie? Sicher ist nur: Es wird irgendwann im Wohnzimmerregal stehen, direkt neben der Obstschale und den Fotoalben. Und alle Besucher werden gefragt: „Oh, was ist das denn?“ – „Ach, nur das Silberne Rathaus, nix Besonderes, hab ich mal so nebenbei gewonnen.“
Münster, die Stadt der guten Taten
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Während ein Teil der Bevölkerung damit beschäftigt ist, Wahlzettel falsch zu falten oder Laub in Container zu werfen, gibt es Menschen, die einfach machen. Und weil Münster solche Menschen ab und zu aus der grauen Masse hervorziehen muss, gibt’s Preise. Silber wohlgemerkt – damit die Stadt nicht pleitegeht.
Das Silberne Rathaus ist also weniger ein Preis als vielmehr eine Mahnung an alle anderen: „Schaut her, so geht’s auch. Und was habt ihr gemacht? Wieder nur Netflix geguckt?“