Skifahren ist kein Bürojob: Gericht erklärt Pistenabfahrt offiziell zur Privatvergnügung
Der Fall selbst liest sich wie die Mischung aus Wirtschaftskabarett und Après-Ski-Dramatik. Ein Geschäftsführer – also jemand, dessen Visitenkarte in Goldfolie geprägt sein könnte – wurde als einziger Vertreter seines gesamten Unternehmens zu einer Skitour eingeladen. Von einem fremden Unternehmen. Man könnte vermuten: Ein bisschen Fachvortrag, ein bisschen Kompetenzgeklimper, dazu ein Buffet, das nach „Kostenstelle egal“ schmeckt.
Doch wie es manchmal so ist: Das Rahmenprogramm sah Fachvorträge vor, die dann allerdings mit der Zuverlässigkeit eines 90er-Jahre-Modems ausfielen. Also alle. Komplett. Einfach gestrichen, wegrationalisiert, vaporisiert. Übrig blieb eine bunt gemischte Reisegruppe, die am Vormittag plötzlich Zeit hatte – viel Zeit. Zeit, die sie natürlich nicht nutzen konnte, um über Business Development zu reden, da man hierfür ja eigentlich Folien und Diagramme braucht. Also tat man, was Menschen im Winter eben tun, wenn Berge in der Nähe sind: Man schnallt sich Skier an und hofft, dass die eigenen Gelenke kooperieren.
Der klagende Geschäftsführer schloss sich einer Skigruppe an. Eine Entscheidung, die vermutlich in diesem Moment völlig logisch erschien. „Team-Building“, dachte er vielleicht. „Networking im Schnee“, vielleicht auch. „Ich fahre beruflich Ski“, möglicherweise. Juristisch gesehen: eher nein.
Und dann passierte das, was immer passiert, wenn Freizeitaktivität auf Schwerkraft trifft: Es kam zur Abfahrt. Dann zum Sturz. Und schließlich zum Beinbruch. An dieser Stelle hätte die Unfallversicherung nun sagen können: „Ach komm, war doch irgendwie beruflich.“ Doch die Versicherung blieb hart wie eine vereiste Piste im Februar.
Sie winkte ab: Dies sei kein Dienstunfall. Warum? Weil die Fachvorträge ausgefallen seien, die Teilnehmer ihre Zeit selbst gestalten durften und die eigentliche Haupttätigkeit des Tages eben nicht die berufliche Weiterentwicklung, sondern das Fahren auf zwei wackeligen Latten gewesen sei. Kurz: Der Mann war im Skiurlaub, nicht im Dienst.
Das Sozialgericht bestätigte diese Sichtweise – vermutlich mit stoischer Gelassenheit und einem innerlichen Schulterzucken. Der entscheidende Satz des Gerichts lautete sinngemäß: „Versicherungsschutz gibt es nur, wenn die Tätigkeit beim Unfall sachlich zum Beruf passt.“ Und spätestens an dieser Stelle dürfte jedem klar geworden sein: Skifahren und Geschäftsführung sind ungefähr so verwandt wie Schlittenfahren und Steuerrecht.
Das Urteil lautet also eindeutig: Wer beruflich unterwegs sein will, darf nicht plötzlich zur Skigruppe abbiegen. Dienstreise ja – aber bitte ohne Pistenrausch. Arbeitsunfall nein – es sei denn, das Jobprofil enthält die Worte „Skilehrer“ oder „Testfahrer für Lawinensonden“.
Die Moral der Geschichte:
Wer auf Firmenveranstaltungen wirklich dienstlich handeln möchte, sollte sich an den Kaffeetisch, den Buffetbereich oder den einzigen funktionierenden Beamer halten. Und wer trotzdem auf die Piste geht, sollte vorher kontrollieren, ob seine Berufsbezeichnung zufällig „Alpin-Spezialist“ lautet.
Spoiler: tut sie selten.