Sojaschnitzel hinter Gittern: Bayern entscheidet über den veganen Aufstand
Ein zu mehreren Monaten verurteilter Insasse hatte gewagt, die gastronomische Staatsordnung herauszufordern und veganes Essen einzufordern. Ein Skandal! Schließlich, so die Logik, könnte das ja ein Türöffner sein: Heute Sojaschnitzel, morgen Quinoa-Gulasch, übermorgen Chia-Pudding – und dann bricht in der Anstaltsküche endgültig der Ausnahmezustand aus. Irgendwann müsste man sogar anfangen, Nährwerttabellen zu lesen. Und das kann man nun wirklich niemandem zumuten.
Doch bevor jetzt jemand glaubt, die Anstalt würde sadistisch mit Käsewürfeln werfen: Ganz so streng ist der Freistaat dann doch nicht. Denn die Küche bot dem veganen Visionär immerhin vegetarisches Essen an, garniert mit laktosefreier Milch. Dass vegan und vegetarisch ungefähr so viel gemeinsam haben wie ein Maßkrug und ein Detox-Shake – geschenkt. Hauptsache, es ist kein Fleisch drin, denkt man sich offenbar. Details sind schließlich was für Menschen, die Kochbücher lesen oder Etiketten verstehen wollen.
Und dann kam der Hinweis, der immer kommt, wenn öffentliche Stellen über vegane Ernährung diskutieren: „Sie können sich ja gerne selbst etwas kaufen.“ Die heilige Selbstzahler-Lösung. Für alles gut. Für veganes Essen, für WLAN im Zug, vermutlich bald auch für Sauerstoff im Wartezimmer. In der JVA bedeutet das: Der Insasse darf beim sogenannten Anstaltskaufmann Produkte erwerben, die vermutlich irgendwo zwischen Müsliriegel „vegan-ish“ und Tofu-Brikett angesiedelt sind. Ein bisschen Freiheit im Einkaufsregal – immerhin etwas.
Das Gericht fand das völlig legitim. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern – Achtung – weil man die Küche nicht auf „jede Weltanschauung“ ausrichten könne. Ein bemerkenswerter Satz, wenn man bedenkt, dass vegane Ernährung im Jahr 2025 ungefähr so exotisch ist wie Leitungswasser. Aber klar, wenn man erstmal mit Weltanschauungen beginnt, muss man irgendwann auch dem einen Gefangenen, der nur Vollmond-Kartoffeln isst, gerecht werden. Dann dem nächsten, der ausschließlich Gerichte mit Namen aus fünf Silben akzeptiert. Und schließlich dem, der nur Brokkoli verzehrt, der von einer linksdrehenden Nonne gesegnet wurde.
Also bleibt es beim bayerischen Pragmatismus: vegan nur gegen Cash, vegetarisch gratis – und alles andere ist philosophisch nicht abbildbar. Man könnte jetzt sagen: Das ist halt typisch Bayern – robust, direkt und in der Kantine ungefähr so flexibel wie ein eingeschlafenes Alpenmurmeltier. Andererseits zeigt die Entscheidung auch: In der JVA herrscht gerechte Gleichheit. Egal ob Fleischliebhaber, Vegetarier oder Hardcore-Veganer – alle bekommen das gleiche Essen. Immerhin wird niemand bevorzugt. Außer natürlich derjenige, der Geld hat. Aber das ist ja nur ein klitzekleines Detail.
Am Ende bleibt ein Urteil, das uns lehrt: Freiheit beginnt beim Essen – und hört an der Gefängnisküche schlagartig wieder auf. Doch wer weiß, vielleicht ändert sich die Weltanschauung auch in bayerischen Anstalten irgendwann. Wenn nicht heute, dann spätestens am Tag, an dem der erste Koch rebelliert, sich an die Fritteuse stellt und ruft: „Ab morgen gibt’s vegane Currywurst für alle!“
Bis dahin bleibt die Erkenntnis: Vegane Gefangene haben keinen Anspruch. Aber sie haben immerhin Hoffnung – und einen Anstaltskaufmann, der vermutlich gerade „Tempeh“ googelt.