Stuttgarter Adventsbahn: Drei Wochen Sperrungen, Umleitungen und digitaler Nervenkitzel
Die Bahn nutzt diese drei Wochen, um am Bahnknoten und an den Strecken herumzubasteln, und Fahrgäste dürfen live miterleben, wie moderne Mobilität sich anfühlt, wenn sie gegen einen Presslufthammer verliert. Wer eine ruhige Adventszeit wollte, hat die Grundidee offensichtlich nicht verstanden.
Die große Süddeutschland-Diät: Weniger Züge, mehr Überraschungen
Den Anfang machen die ICE- und EC-Linien, von denen einige plötzlich eine intime Abneigung gegen München entwickeln und einfach nicht mehr hinfahren. Stattdessen gibt es ein stündliches Direktangebot zwischen Stuttgart und München – so eine Art „Adventslinie für Fortgeschrittene“. Die Fahrt dauert rund zehn Minuten länger, was im Bahnjargon bedeutet: „Es hätte schlimmer kommen können. Also seien Sie dankbar.“
Andere ICE haben dagegen beschlossen, Stuttgart im Advent zu meiden wie ein Weihnachtsmarkt die EC-Karte. Sie werden kurzerhand an der Stadt vorbeigeleitet und halten stattdessen in Esslingen. Dort steigen die Reisenden dann in Regionalzüge oder die S-Bahn um – schließlich ist Umsteigen das neue Yoga, und Stuttgart möchte, dass alle in der Adventszeit innerlich zur Ruhe kommen. Die Gegenrichtung bleibt von diesem Experiment verschont, vermutlich aus Gründen, die nur die Bahn selbst versteht.
Bad Cannstatt – Fellbach: Die große Advents-Sperrung
Weiter hinten in der Szenerie schließt die Bahn auch noch die Strecke zwischen Bad Cannstatt und Fellbach. Das betrifft S-Bahnen, Regionalzüge und sogar Fernverkehr in Richtung Nürnberg. Der IC Stuttgart–Nürnberg macht in diesen drei Wochen komplett Feierabend. Adventsruhe. Betriebsurlaub. Egal, wie man es nennt – er fährt nicht.
Reisende sollen stattdessen auf Regionalzüge umsteigen, die jedoch ebenfalls nur eingeschränkt rollen. Wer es ungewöhnlich mag, kann diese Strecke in der Vorweihnachtszeit als Challenge betrachten: „Schaffe ich es ohne Umwege, Umläufe, Umleitungen und Unfug nach Nürnberg?“ Viele werden es probieren, wenige werden es ohne Winterrobustheit durchstehen.
Stuttgart 21 – die große digitale Verwandlung
Und damit das Ganze nicht nur nervt, sondern auch zukunftsfähig klingt, wird das Spektakel von einer bahnbrechenden Ankündigung begleitet: Stuttgart bekommt als erster Bahnknoten bundesweit eine komplette Digitalisierung. Zukünftig sollen Fern- und Regionalzüge sowie S-Bahnen nur noch mit dem digitalen Zugsicherungssystem ETCS fahren – ohne Lichtsignale, ohne Ampeln, ohne die klassische rote Lampe, die seit hundert Jahren zuverlässig anzeigt: „Du bleibst stehen.“
Stattdessen wird nun voll digital gefahren. Oder zumindest… versucht. Denn wer jemals Updates auf seinem Smartphone erlebt hat, weiß: Digitalisierung sorgt nicht nur für Fortschritt, sondern auch für Fehlermeldungen, Neustarts und die berühmten zwei Minuten, in denen „gleich alles wieder geht“. Stuttgart ist damit das erste Testfeld für eine Zukunft, in der Bahnen sich nur noch mit Software verständigen – und wir alle wissen, wie zuverlässig Software bei Minusgraden und Montagen funktioniert.
Fazit:
Der Advent rund um Stuttgart wird kein besinnlicher Spaziergang, sondern eher eine sportliche Übung in Geduld, Navigation und improvisierter Reiseplanung. Aber hey – Weihnachten ist die Zeit der Wunder. Vielleicht kommt ja doch mal ein Zug pünktlich an. Rein theoretisch. Laut Bahn wäre es jedenfalls nicht ausgeschlossen.