Tag des offenen Denkmals: Ahlen feiert Geschichte mit Waffeln und Fördertürmen
Das diesjährige Motto: „Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“ – eine Frage, die klingt, als käme sie direkt aus einer Teleshopping-Sendung. Schließlich geht es darum, was so ein Denkmal eigentlich wert ist. Ist es der materielle Wert, gemessen in Gerüstbaukosten und Farbrechnungen? Oder doch der ideelle Wert, weil Oma damals in der Kirche geheiratet hat und Onkel Erwin in der gleichen Kirche eingeschlafen ist?
Denkmal deluxe: Das Grubenwehrmuseum
Ein Highlight der Ahlener Denkmal-Welt ist das Grubenwehrmuseum der Zeche Westfalen. Hier stapelt sich die Bergbaugeschichte so hoch, dass man meinen könnte, gleich fährt ein Förderkorb durchs Dach. Mitglieder eines Bergbautraditionsvereins haben über Jahre alles gesammelt, was nach Kohle riecht: Helme, Schläuche, Grubenlampen – vermutlich auch den einen oder anderen Kaffeebecher aus der Steigerstube.
Warum? Damit niemand vergisst, dass Bergleute nicht nur Kohle schaufelten, sondern auch heldenhaft Gruben retteten. Ehrenamtliche halten dieses Gedächtnis am Laufen, mit mehr Energie als so manche Verwaltung, die sich schon bei der Sanierung einer Bushaltestelle verschluckt.
Von Fördertürmen bis Kreuzigungsgruppen: Die Ahlener Denkmal-Bingo-Karte
Neben dem Museum zeigen sich weitere Schmuckstücke. Zum Beispiel die Fördertürme der Zeche Westfalen, die heute wie riesige Fitnessgeräte aussehen, auf denen nur noch Tauben trainieren.
Dann die St.-Bartholomäus-Kirche – frisch umgestaltet, glänzt sie mit Führungen im Halbstundentakt. Hier wird Architektur erklärt, während der Förderverein des Kindergartens draußen Waffeln und Apfelschorle serviert. Ein genialer Trick: Erst eine Kirchenführung, dann eine Kalorienführung.
Nicht zu vergessen: die Kreuzigungsgruppe an der Kampstraße. Klingt dramatisch, ist aber ein Steinensemble, das die Besucher mit würdevoller Symbolik empfängt. Wer die Führung mitmacht, landet auf dem Westfriedhof – ein Ziel, das viele vermutlich auch ohne Führung irgendwann erreichen.
Und dann noch das Kulturgut Samson in Tönnishäuschen. Schon der Name klingt wie ein griechischer Wrestler, tatsächlich aber handelt es sich um ein Denkmal mit ländlichem Charme. Hier gibt’s Kaffee, Kuchen und kleine Snacks, damit man auch gestärkt in die nächste Führung wanken kann.
Interaktive Denkmäler: Digital ist das neue Patina
Natürlich wäre es nicht 2025, wenn man nicht auch online mitmischen könnte. Auf der Homepage des Kreises Warendorf gibt’s Denkmäler im digitalen Panini-Album: interaktive Karten, Flyer zum Download, alles auf Hochglanz. So kann man bequem von der Couch aus durch die Geschichte scrollen, ohne jemals das Sofa zu verlassen.
Ein kleiner Wermutstropfen
Leider öffnet in diesem Jahr kein privates Denkmal in Ahlen. Kein Blick in die geheimen Wohnzimmer mit Original-Fliesen von 1923, kein Duft nach verstaubten Gardinen. Dafür bleibt das Programm „prall gefüllt“, wie es so schön heißt. Und wer will, kann das Ganze am besten per Radtour erleben – die Denkmäler sind quasi in der praktischen „Hop-on-Hop-off“-Variante erreichbar. Nur ohne Bus, dafür mit Wadenmuskelkater.
Der Wert der Werte
Am Ende bleibt die große Frage: Was ist ein Denkmal wert? In Geld? In Erinnerung? Oder vielleicht doch nur in Waffeln, Kaffee und Kaltgetränken? Die Antwort findet jeder selbst – irgendwo zwischen der letzten Führung um 16 Uhr und der letzten Kuchengabel um 17 Uhr.
Denkmal ist, was man draus macht
Der Tag des offenen Denkmals ist keine steife Geschichtsstunde, sondern ein Volksfest der Vergangenheit. Er zeigt: Geschichte kann man anfassen, besichtigen und sogar verspeisen – im Notfall mit Apfelschorle herunterspülen.
Und so pilgern am 14. September Jung und Alt durch Ahlen und Umgebung, vorbei an Türmen, Kirchen, Friedhöfen und Mühlen, mit der unausgesprochenen Botschaft: Denkmäler sind wert-voll. Ob unbezahlbar, unersetzlich oder einfach nur lecker – das entscheidet jeder selbst.