TMG Junior – Ahlens Tempel der Zukunft (oder der Chill-out-Zone)
Wo einst die Bodelschwinghschule im Staub der Geschichte vor sich hin bröselte, steht nun ein „Ort voller Zukunft“. So nennt man das neuerdings, wenn ein Altbau entkernt wird, bis nur noch die Grundmauern flüstern: „Früher war mehr Kreide.“ Seit Februar 2024 wurde hier gebaggert, gebohrt und betoniert – und siehe da: Am Ende kam kein Flughafen, sondern tatsächlich eine fertige Schule heraus. Sogar pünktlich und unter Budget. Für Ahlen ein kleines Wunder, das in die Geschichtsbücher eingehen könnte: „Das einzige Bauprojekt Deutschlands, das nicht eskalierte.“
Die stolze Rechnung: 10,2 Millionen Euro veranschlagt, aber weniger ausgegeben. „Dank sorgfältiger Planung“, heißt es. Übersetzt bedeutet das: Man hat nicht jedem Handwerker eine goldene Kaffeekanne gekauft. Ein Skandal! Die Schüler müssen also auf den beheizten Swimmingpool verzichten – stattdessen gibt’s eine Lernküche mit höhenverstellbarer Arbeitsfläche. Das ist zwar weniger glamourös, aber immerhin: Spaghetti Bolognese für alle, ganz ohne Rückenschmerzen.
Herzstück des Ganzen ist das 600-Quadratmeter-Lernloft. Klingt wie ein Coworking-Space für Grundschüler. Flexible Möbel, helle Farben, Rückzugsnischen. Fehlt nur noch ein Barista mit Vollbart, der Flat White ausschenkt, während die Fünftklässler Mathe pauken. Dazu gibt es eine Chill-out-Zone im Foyer – für all die Kinder, die nach der dritten Stunde Deutsch dringend einen Espresso und ein bisschen Meditation brauchen.
Auch die Lehrer wurden bedacht. Statt Kreide und Overheadprojektor gibt’s jetzt Sofas, Liegesäcke und eine Telefonbox für vertrauliche Elterngespräche. Man könnte meinen, die Pädagogen residieren in einer hippen Berliner Agentur. Der gelb gestrichene Flur soll Energie spenden – was nötig ist, wenn 350 Kinder gleichzeitig auf dem Trampolin hüpfen.
Das Außengelände: zwei Fußballplätze, ein Basketballfeld und – Trommelwirbel – ein kleines Trampolin. Wer hier nicht zum Leistungssportler wird, hat es einfach nicht gewollt. Für die weniger Bewegungsfreudigen gibt es einen „Ruhebereich“. Wahrscheinlich ein einziger Baum mit der Aufschrift: „Bitte nicht schreien.“
Natürlich durfte die große Dankesorgie nicht fehlen. Architekten, Planer, Bauleitung, Handwerker – jeder wurde bejubelt, als hätte er höchstpersönlich den Petersdom errichtet. Von „Präzision“ und „Herzblut“ war die Rede. Herzblut floss vermutlich wirklich, als der Bauarbeiter sich am Bohrhammer verletzte, aber sei’s drum: Alles für die Bildung.
Zum Schluss das pädagogische Schlusswort: „Liebe Kinder, macht es bunt, laut, fröhlich – aber passt auf, dass ihr’s nicht kaputtmacht.“ Eine Ansprache, die klingt wie die Anleitung zu einem Ikea-Regal: bitte benutzen, aber nicht überlasten.
Die TMG Junior ist keine Schule, sie ist ein pädagogisches Disneyland. Ein Ort, an dem Matheaufgaben zwischen Liegesack und Chill-out-Lounge gelöst werden und wo selbst der Hausmeister wahrscheinlich ein MacBook bekommt. Ahlen hat die Zukunft nicht nur gebaut – sie hat sie gleich möbliert. Und wenn das so weitergeht, wird die nächste Schule direkt als Coworking-Space mit Smoothie-Bar eröffnet.