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Volkstrauertag in Ahlen: Zwischen Mahnung, Marktplatz und stillem ‚Nie wieder

Ahlen, Sonntagmorgen, Marktplatz. Ein Ort, an dem normalerweise Bratwurst, Wochenmarkt und kommunale Politik sich die Klinke in die Hand geben, wurde nun zur Kulisse eines Gedenktages, an dem es ausnahmsweise weder Verkaufsstände noch hitzige Diskussionen über Parkplätze gab. Stattdessen herrschte eine Atmosphäre, die irgendwo zwischen stillem Innehalten, feierlicher Würde und der Frage lag: „Hätte ich vorher nochmal Kaffee trinken sollen?“

Volkstrauertag in Ahlen: Zwischen Mahnung, Marktplatz und stillem ‚Nie wieder

Rund 300 Menschen aus Vereinen, Institutionen, Parteien und der ganz normalen Bürgerschaft waren erschienen, um gemeinsam an Krieg, Gewalt und Diktatur zu erinnern. Drei Dinge, die traditionell in der Kategorie „bitte nie wieder“ abgelegt sind – und dennoch offenbar regelmäßig auf der weltpolitischen Speisekarte stehen wie ein schlecht gekochtes Tagesgericht.

Der Bürgermeister griff in seiner Rede tief in die große Kiste der historischen Ernsthaftigkeit. Schließlich ging es um den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs – ein Ereignis, das man nicht einfach zwischen zwei Terminblöcke schieben kann. Der Hinweis, dass die letzten verbliebenen Zeitzeugen „vielleicht zum letzten Mal weithin vernehmbar ihre Stimme erheben können“, setzte den Ton des Tages: ernst, bedeutungsschwer und mit einem Hauch Wehmut. Es war der Moment, in dem sogar die Tauben über dem Marktplatz kurz innehielten.

Doch Ahlen wäre nicht Ahlen, wenn es nicht auch einen internationalen Gast gegeben hätte. Die Partnerstadt Luxemburg hatte ihren Bürgermeister entsandt – ein Zeichen, dass Aussöhnung, Freundschaft und interkommunale Diplomatie nicht nur in Prospekten existieren. 43 Jahre Partnerschaft wurden gewürdigt, und das Publikum nickte zustimmend: Es ist immer gut, wenn sich Städte nicht nur wegen Bierpreisen oder Fußballspielen kennen, sondern wegen echter Freundschaft.

Der Bürgermeister betonte, wie „tiefe Wunden“ zwischen beiden Ländern einst existierten und wie heute „Verständnis, Vertrauen und Freundschaft“ anstelle von Kanonenlärm stehen. Es war einer dieser Momente, in denen man kurz spürte: Europa ist zwar kompliziert, chaotisch und gelegentlich so nervig wie ein USB-Stecker, der nie beim ersten Versuch passt, aber am Ende ist es doch ein ziemlich wertvolles Projekt.

„Nie wieder Hass. Nie wieder Krieg“, verkündete der Bürgermeister. Ein Satz, der zwar schon oft gesagt wurde, aber angesichts globaler Absurditäten leider nicht an Aktualität verliert. Dabei erinnerte er an die deutsche Besatzung Luxemburgs und den Mut derer, die damals Widerstand leisteten. Für einen Moment wurde es so ernst, dass selbst der Wind aufhörte, durch die Fahnen zu wehen.

Doch wie das eben so ist: Wenn man über Frieden redet, muss man zwangsläufig auch über den Zustand der Welt reden – und der ist aktuell ungefähr so friedlich wie ein Ü60-Kegelclub, der sich um die letzte freie Bahn im Bowlingcenter streitet. Die Erwähnung des russischen Angriffskrieges und das stille „Slawa Ukraini“ machten klar: Der Gedenktag ist kein nostalgischer Rückblick, sondern ein dringender Realitätscheck.

Die lokale Bundeswehr-Einheit wurde ebenfalls gelobt, und das Publikum klatschte höflich, während die Soldaten wie immer taten, was sie am besten können: gerade stehen und nicht blinzeln. Auch der Hinweis auf den Westfälischen Friedenspreis für die NATO 2026 führte zu leichtem Stirnrunzeln, aber hey – wer, wenn nicht ein Verteidigungsbündnis, weiß heutzutage, wie man Stress managt?

Zum Ende rief der Bürgermeister zur Unterstützung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf. „Schon eine kleine Gabe hilft“, sagte er – ein Satz, der so universell ist, dass er problemlos als Untertitel jeder kommunalen Spendenaktion funktionieren könnte.

Musikalisch wurde es zum Schluss richtig europäisch: Europahymne, Luxemburg, Deutschland. Hätte man noch Italien gespielt, wären spontanes Mitklatschen und Pasta-Assoziationen im Publikum unausweichlich gewesen.

Der Volkstrauertag in Ahlen endete damit genauso würdevoll, wie er begonnen hatte: ernst, reflektiert – und mit der stillen Hoffnung, dass Frieden vielleicht doch keine Utopie ist, sondern ein sehr hartnäckiges Gemeinschaftsprojekt.