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Weltalphabetisierungstag – Deutschland liest mit… oder auch nicht

Am 8. September feiern die Vereinten Nationen den Internationalen Tag der Alphabetisierung. Klingt edel, wirkt in Deutschland aber ein bisschen so, als würde man einen „Internationalen Tag des gesunden Essens“ mitten in der Pommesbude begehen. Denn während die Welt das Lesen feiert, stolpern hierzulande noch immer Millionen über Wörter wie „Bürokratieformular“ oder „Quittungsblock“.

Weltalphabetisierungstag

Zahlen, die man besser nicht laut vorliest

Die Statistik ist so knallhart wie ein Deutschtest nach den Sommerferien: 12 Prozent der Erwachsenen können kaum lesen oder schreiben. Weitere 20 Prozent stolpern schon bei Wörtern wie „Apotheke“ oder „BahnCard“. Und weil Männer traditionell in allem vorne mit dabei sind – auch beim Nicht-Lesen –, stellen sie stolze 58 Prozent der Betroffenen. Willkommen im Land der Dichter, Denker und Diktiergeräte.

Besonders beliebt: die Altersgruppe 45+. Dort wird zwar noch fleißig Kreuzworträtsel gekauft – aber bitte nur für den Tischuntersetzer.

Lesen ist mehr als Buchstaben zusammenkauen

Natürlich, Alphabetisierung bedeutet nicht nur, die Buchstaben A bis Z wie ein Papagei herunterzuleiern. Nein, es geht um Selbstbestimmung! Wer lesen kann, versteht auch mal den Mietvertrag, erkennt, dass die Versicherung nicht „gratis“, sondern „monatlich 89 Euro“ bedeutet, und merkt, dass im Internet nicht jeder Kommentar eine Quelle ist.

Kurz: Lesen ist die Eintrittskarte ins Erwachsensein. Ohne Lesen: Dauerabo im Abseits. Mit Lesen: Upgrade in die VIP-Lounge der Demokratie.

Das große Bildungs-Manifest

Im April hat ein Landesbeirat beschlossen, dass man das Thema Alphabetisierung weiter unterstützen sollte. Einstimmig! Weil keiner Lust hatte, den Arm unten zu lassen. Dabei waren Leute aus allen Ecken: Wirtschaft (braucht Arbeiter, die wenigstens „Pause“ entziffern können), Wissenschaft (die lieben sowieso alles mit Fußnoten) und Kommunen (die hoffen, dass irgendwann mal jemand die Ratsprotokolle freiwillig liest).

Das Ergebnis: ein dickes Papier voller kluger Absichtserklärungen – natürlich so geschrieben, dass Betroffene es beim ersten Versuch nicht verstehen.

VHS Ahlen rettet den Alltag

Zum Glück gibt’s die Volkshochschulen. Dort startet wieder der Kurs „Lesen und Schreiben von Anfang an“. Jeden Dienstag um 19 Uhr treffen sich tapfere Erwachsene, die die Nase voll haben von peinlichen Supermarkt-Situationen („Was steht auf diesem Schild?“ – „Öffnungszeiten.“ – „Ach so…“).

In kleinen Gruppen wird hier geübt: Buchstaben, Wörter, ganze Sätze. Wer dranbleibt, kann am Ende nicht nur WhatsApp-Nachrichten lesen, sondern sogar selbst schreiben – ohne dass Autokorrektur aus „Bier holen“ ein „Bibel holen“ macht.

Das Beste: Der Kurs ist gebührenfrei. Bildung zum Nulltarif – in einem Land, in dem man für stilles Wasser im Restaurant mehr zahlt als für einen VHS-Abendkurs.

Lesen rettet Leben

Es ist nie zu spät, lesen und schreiben zu lernen. Und wer das nicht glaubt, sollte wenigstens die große Erkenntnis des Weltalphabetisierungstages mitnehmen: Wer nicht liest, wird gelesen. Von Verträgen, von Banken, von Politikern.

Also los: VHS statt RTL. Bleistift spitzen, Buchstaben üben – und vielleicht eines Tages die ganz große Kür: Das Kleingedruckte auf dem Handyvertrag entziffern.