Wenn der Fuchs die Kette bekommt – Münster zieht sich neu an
Der neue Chef im Rathaus nahm das glänzende Ding entgegen, als wäre es der heilige Gral des Westfälischen Pragmatismus. Statt rotem Teppich: Kopfsteinpflaster. Statt Limousine: Fahrrad. Denn wer in Münster was werden will, rollt auf zwei Rädern zur Machtübernahme. Und so fuhr der frischgebackene Stadtlenker mit Helm, Haltung und Hoffnung durch die heiligen Hallen der münsterschen Stadtgeschichte – Grundschule, Hochschule, Sportverein – quasi die „Triathlon-Route des Vertrauens“.
Währenddessen blickte der scheidende Amtsinhaber mit der Milde eines Mannes, der weiß, dass nach 16 Jahren Rathaus jede Glocke irgendwann mal läutet. Seine Abschiedsworte klangen wie aus einem Yoga-Podcast: „Ich bin dankbar, erfüllt, losgelöst – und jetzt wahrscheinlich endlich wieder Privatperson.“ Münster applaudierte höflich, vermutlich weil es in dieser Stadt für alles einen Verein gibt – auch für gepflegte Abschiedsrituale.
Der Neue hingegen präsentierte sich als sympathisch-grüner Hoffnungsträger mit missionarischem Elan. „Ich weiß, was diese Stadt kann“, sagte er. Das ist mutig – denn in Münster weiß man nie, ob man gerade über Kopfsteinpflaster oder Haushaltspläne stolpert. Doch er hat recht: Münster kann alles – außer rechts abbiegen ohne Fahrradfahrer, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen.
Mit 57,9 Prozent der Stimmen holte der Fuchs den Sieg – eine Zahl, die in kommunalpolitischen Kreisen fast schon Champagnerpflicht bedeutet (bio, versteht sich). Und so zog er jetzt ins Rathaus ein, bereit, Münster „mit frischen Ideen“ in die Zukunft zu führen. Frisch soll es werden, grün sowieso, und vielleicht sogar digital, falls die Stadtverwaltung irgendwann WLAN im Sitzungssaal findet.
Als einziger grüner Oberbürgermeister in ganz Nordrhein-Westfalen steht der Mann nun im Rampenlicht. Der Druck ist groß, die Amtskette schwer, das Fahrradlicht hoffentlich aufgeladen. Seine Mission: Münster modernisieren, ohne das Fahrradverbot in der Fußgängerzone zu riskieren. Seine Methode: Zusammenarbeit mit einer „motivierten Verwaltung“. Münster atmet auf – denn motivierte Verwaltung klingt in Deutschland fast wie ein Zauberspruch.
Und so endet die Ära des alten Stadtoberhaupts und beginnt das Zeitalter des Fuchses. Ob er Münster in eine grün-goldene Zukunft führt oder nur einen neuen Radweg durchs Rathaus legt – das wird sich zeigen. Sicher ist nur eins: In Münster bleibt alles anders, aber auf charmant westfälische Weise. Und das ist schon fast wieder Kunst.